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Tränen im Mindestabstand Tränen im Mindestabstand: Wegen Corona: Beerdigungen sind derzeit stark reglementiert

Von Max Hunger 29.03.2020, 19:20
in Hinweisschild für den Umgang bei Beerdigungen steht in einem Bestattungsinstitut vor mehreren Särgen.
in Hinweisschild für den Umgang bei Beerdigungen steht in einem Bestattungsinstitut vor mehreren Särgen. dpa

Halle (Saale) - Es sollte eine Feier im großen Kreis werden: Rund 30 Gäste waren zur Bestattung auf dem Wittenberger Friedhof in dieser Woche eingeladen - den meisten mussten abgesagt werden, erzählt Sebastian Schreiber, Mitarbeiter eines Bestattungsinstituts in Wittenberg. Die Corona-Krise, sie macht auch vor dem feierlichen Abschied von verstorbenen Menschen nicht halt. Trauerfeiern in Kapellen seien derzeit nur mit maximal fünf Gästen möglich, sagt Schreiber. Eine Vorsichtsmaßnahme, um Virusinfektionen zu vermeiden.

Beerdigungen in Zeiten von Corona: Verzicht auf Blumendeko

Auch das anschließende Beisammensein bei Kaffee und Kuchen fällt flach. Denn: Cafés haben geschlossen. Und sogar auf eine Blumendekoration in der Trauerhalle und am Grab müssten viele Angehörige verzichten - auch die Floristen mussten dicht machen, sagt Schreiber. „Das sind harte Einschränkungen, das merkt man den Angehörigen natürlich an.“

Schließlich ist der Tod eines geliebten Menschen für Familie und Freunde meist ein Grund, näher zusammenzurücken. Genau davor warnen aber die Gesundheitsämter. In den Landkreisen und Städten in Sachsen-Anhalt sind Trauerfeiern deshalb zwar nicht untersagt, die Behörden erlassen aber Bedingungen: Grundsätzlich sollte sich bei den Gästen auf den engen Familienkreis beschränkt werden, teilt die Stadt Halle mit. Sie verweist außerdem darauf, dass auch bei den Bestattungen ein Mindestabstand von zwei Metern unter den Gästen gilt. Ähnliche Regeln erlassen auch andere Kommunen. „Bei Beileidsbekundungen sollte auf Körperkontakt verzichtet werden“, heißt etwa vom Landkreis Wittenberg. Die Stadt Magdeburg hat indes alle ihre Trauerhallen auf den Friedhöfen geschlossen. Abschied von Verstorbenen können Angehörige hier nur vor den Kapellen nehmen.

Beerdigungen in Zeiten von Corona: Sondergenehmigungen für Erdbestattungen

Auch die Bestattungsunternehmen passen sich der Situation an. So würden etwa Stühle in den Sitzreihen der Trauerhallen entfernt, um Abstand zwischen den Gästen zu schaffen, sagt Daniel Kroon, Inhaber des gleichnamigen Bestattungsunternehmens in Halle. „Grundsätzlich arbeiten wir aber normal weiter. Wer stirbt, wird auch abgeholt.“ Denn während Urnenbestattungen einige Wochen verschoben werden können, drängt bei Erdbeisetzungen die Zeit. Särge sollen laut Gesetz innerhalb von zehn Tagen nach dem Tod unter die Erde gebracht werden. Das ist jedoch bereits jetzt schwierig: Beim für die Sterbeurkunden zuständigen Standesamt gibt es laut Bestatter Kroon einen Bearbeitungsstau, weil Mitarbeiter ihre Kinder zuhause betreuen oder selbst in Quarantäne sind. „Für die Erdbestattungen muss es dann Sondergenehmigungen geben“, fordert Kroon. Die Stadt Dessau-Roßlau hat den Schriftverkehr für Beerdigungen bereits umgestellt: Unterlagen können Bestattungsinstitute hier in den Bürgerbriefkasten einwerfen.

Landeskirche Anhalt empfiehlt Trauer unter freiem Himmel

Auch die Kirche reagieren auf die Coronakrise. Die Landeskirche Anhalt mit Sitz in Dessau empfiehlt etwa, nur noch unter freiem Himmel am Grab zu trauern. „Das ist natürlich ein massiver Einschnitt für die Angehörigen - atmosphärisch und emotional“, sagt Sprecher Johannes Killyen. Schließlich lebe der Glaube vor allem von der Gemeinschaft. Der Bundesverband der Bestatter folgt ebenfalls dieser Linie. Der Grund: Bei Trauerfeiern seien meist auch alte und kranke Menschen unter den Gästen und es bestehe sehr große Ansteckungsgefahr, heißt es in einer Mitteilung des Verbands. Stattdessen schlägt er Alternativen vor: Onlineübertragungen der Feier über das Internet oder eine Videoaufzeichnung seien Möglichkeiten, Freunde und Familie am gemeinsamen Gedenken teilhaben zu lassen. Für alle Trauerfeiern, die dennoch stattfinden, empfiehlt der Verband Vorsichtsmaßnahmen. Unter anderem sollte eine Liste der Anwesenden geführt werden, damit sich Kontaktpersonen im Falle einer nachträglich bekannt werdenden Infektion zurückverfolgen lassen.

Das wird auch auf dem Friedhof in Aschersleben so gehandhabt. Den betreibt der städtische Bauwirtschaftshof. Der will Trauerfeiern im engen Familienkreis auch weiterhin möglich machen. „Wir setzen dabei auf den gesunden Menschenverstand“, sagt Leiter André Könnecke. Dass ein Mensch - sei es in der Urne oder im Sarg - unter die Erde gebracht wird, ohne dass Familie und Freunde Abschied nehmen können, das will sich der Friedhofschef auch während der Pandemie besser nicht ausmalen. „Ich hoffe, dass es nie soweit kommen wird“, sagt Könnecke. (mz/dpa)