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Gefängnisplan kursiert unter Häftlingen Sicherheitsleck in der JVA Burg - in der Anstalt sind Dokumente nicht auffindbar

Geheime Gefängnispläne der JVA Burg sollen Häftlingen in die Hände gekommen sein: Trotz tagelanger Untersuchungen ist für Sachsen-Anhalts Justizministerium aber noch unklar, wer für das Sicherheitsleck verantwortlich war. In der Anstalt fehlen Dokumente.

Von Jan Schumann 27.11.2024, 18:00
Wie konnte der geheime Gefängnisplan in der JVA Burg durchsickern?
Wie konnte der geheime Gefängnisplan in der JVA Burg durchsickern? (Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa)

Burg/MZ - Wie ernst Sachsen-Anhalts Justizministerin diesen Vorfall nimmt, wird Mittwochmittag im Landtag klar. Im Rechtsausschuss, wo Franziska Weidinger über die Details des aufgeflogenen Sicherheitslecks in der Justizvollzugsanstalt Burg (Jerichower Land) vortragen soll, bittet die CDU-Politikerin um eine vertrauliche Sitzung. So wird der Ausschuss zur Geheimsache: Alle Journalisten und Gäste müssen den Raum verlassen, nur Abgeordnete sollen vertraulich über das Sicherheitsleck im größten Gefängnis des Landes erfahren. Die meisten Parlamentarier sind mit dem Geheimschutz einverstanden.

Der Vorfall, über den Justizministerin Weidinger dann berichtet, ist schwerwiegend. Seit vergangener Woche weiß ihr Ministerium, dass offenkundig ein geheimer, elfseitiger Gefängnislageplan in unbefugte Hände geraten ist. In dem „SEK Übersichtsplan“ sollen sämtliche Räume und Etagen des Knasts eingezeichnet sein, inklusive Installationskanälen, Schlüsselräumen und Orten zur Waffenlagerung. Weidingers Ministerium erfuhr davon durch eine Presseanfrage der Tageszeitung „taz“. Als Reaktion schickte das Ministerium nachts eine Arbeitsgruppe ins Gefängnis, um den Fall sofort zu untersuchen.

Wer ließ Plan durchsickern? Ministerium tappt im Dunkeln

Zwar ermittelt bereits die Staatsanwaltschaft Stendal wegen Geheimnisverrats, zudem hat das Ministerium die bisherige Gefängnisleitung suspendiert. Doch im Ausschuss am Mittwoch muss Weidingers Ministerium nach MZ-Informationen einräumen, dass viele zentrale Fragen zum Fall noch unbeantwortet sind. So sei unklar, ob und wie viele Gefangene Einblick in den sensiblen Gefängnisplan erhalten haben. Das Ministerium legt in vertraulicher Sitzung gleichzeitig dar, dass innerhalb der Justizvollzugsanstalt sensible Dokumente nicht auffindbar sind. Das Gerücht macht in Magdeburg schon seit Tagen die Runde – unklar ist allerdings, welche Dokumente fehlen.

Zudem tappen die Ermittler in der Frage, wer für das Leck verantwortlich ist, im Dunkeln. So werde etwa auch geprüft, ob das Leck womöglich durch frühere Gefängnisbauplaner entstanden sein könnte. Zudem sollen die geheimen Gefängnispläne nicht nur in Papierform vorliegen: Sie dürften für befugte Personen im Land auch in Computernetzwerken abrufbar sein. Auch das ist nach MZ-Recherchen Teil der Untersuchung.

Neben den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Stendal hat auch Weidingers Ressort eine eigene interne Überprüfung eingeleitet. Im Ausschuss spricht ein Ministeriumsvertreter nach MZ-Informationen von einer „abstrakten Gefahr“, die sich durch das Sicherheitsleck ergebe. Es besteht demnach also ein theoretisches Risiko durch das Kursieren des Plans. Allerdings gehe das Ministerium nicht von einer unmittelbaren „konkreten Gefahr“ aus.

In den vergangenen Tagen hatte das Justizministerium bereits Sicherheitsmaßnahmen im Gefängnis veranlasst, um jegliche Risiken zu minimieren. Unter anderem soll anstaltsintern eine teilweise Umorganisation von Raumbelegungen stattgefunden haben.

Sicherheitsleck hätte zu schwerwiegenden Vorfällen führen können

Weder Abgeordnete noch die Ministerin äußern sich nach der Sitzung zu konkreten Sachverhalten: Es wäre illegal, aus vertraulichen Ausschüssen zu berichten. Der oppositionelle Grünen-Politiker Sebastian Striegel zeigt sich nach der Sitzung aber erschüttert. „Es ist einer der schwerwiegendsten, wenn nicht der schwerwiegendste Sicherheitsvorfall in Gefängnissen in Sachsen-Anhalt.“ Zwar nehme das Ministerium den Fall ernst, sagt er. Das Parlament brauche aber abschließende Antworten. „Wir müssen wissen: Was ist tatsächlich passiert, wo sind diese Unterlagen verloren gegangen, unbefugt in Umlauf gebracht worden? Wer hatte Zugriff darauf und welche gegebenenfalls auch weiteren sicherheitsrelevanten Bewertungen ergeben sich daraus?“

Abgeordnete betonen am Mittwoch aber auch, dass es bisher keine Hinweise darauf gebe, dass irgendein Häftling internes Wissen aus dem geheimen Lageplan genutzt habe. Mehr als ein Parlamentarier glauben dennoch, dass das Sicherheitsleck zu schwerwiegenden Vorfällen im Gefängnis hätte führen können. Spätestens im Januar soll der Ausschuss erneut über die Untersuchung des Justizministeriums informiert werden. „Da darf kein Stein auf dem anderen bleiben“, so der SPD-Politiker Rüdiger Erben.