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Nahverkehr in Sachsen-Anhalt Mitteldeutscher Verkehrsverbund plant drastischen Anstieg der Fahrpreise

Unabhängig vom 49-Euro-Ticket wird Bus- und Bahnfahren in weiten Teilen Sachsen-Anhalts teurer. Was der Mitteldeutsche Verkehrsverbund plant.

Von Alexander Schierholz 16.03.2023, 18:00
Auch die Fahrt mit der Straßenbahn in Halle, hier in Halle-Neustadt, wird künftig teurer. Der Mitteldeutsche Verkehrsverbund will die Fahrpreise im Schnitt um sechs bis acht Prozent anheben.
Auch die Fahrt mit der Straßenbahn in Halle, hier in Halle-Neustadt, wird künftig teurer. Der Mitteldeutsche Verkehrsverbund will die Fahrpreise im Schnitt um sechs bis acht Prozent anheben. (Foto: Marvin Matzulla)

Halle (Saale)/MZ - Mit dem 49-Euro-Ticket wird Bus- und Bahnfahren von Mai an für viele Menschen günstiger werden. Wer das Ticket nicht nutzt, muss dagegen in weiten Teilen Sachsen-Anhalts mit höheren Fahrpreisen rechnen. So will der Mitteldeutsche Verkehrsverbund (MDV) die Fahrpreise zum 1. August drastisch anheben, nach MZ-Informationen im Schnitt um sechs bis acht Prozent.

Das ist deutlich mehr als in den Vorjahren. Im vergangenen Jahr etwa bewegte sich der Anstieg zwischen zwei und drei Prozent. Betroffen sind Bus, Straßenbahn und Zug in Halle, im Saalekreis, im Burgenlandkreis und in Richtung Leipzig sowie der Zugverkehr in Wittenberg, Anhalt-Bitterfeld und Dessau-Roßlau. Auch der Magdeburger Marego-Verbund, der unter anderem den Salzlandkreis abdeckt, kündigte einen Preisanstieg an, nannte aber keine Details.

Lesen sie auch den Kommentar zum Thema: Nahverkehr: Es braucht neue Ideen für die Finanzierung

Nach der MZ vorliegenden Zahlen sollen Einzelfahrkarten in Halle und Leipzig jeweils um 20 Cent teurer werden; sie lägen dann bei 2,80 Euro (Halle) beziehungsweise 3,20 Euro (Leipzig). In den Landkreisen soll der Anstieg für Einzeltickets demnach je nach Entfernung bei mindestens 20 Cent liegen. Derzeit kostet eine Ein-Zonen-Karte dort zwei Euro. Auch Abo-Karten sollen sich verteuern.

Der MDV-Aufsichtsrat soll die neuen Preise am kommenden Montag billigen. Begründet wird die Anhebung mit den massiv gestiegenen Kosten für Strom und Diesel sowie mit der hohen Inflation. Der Verbund hatte daher bereits im vorigen Jahr Preissteigerungen in Aussicht gestellt und vorgerechnet, es würden 2023 rund 100 Millionen Euro für den Betrieb von Bussen und Bahnen fehlen.

MDV: „Pro Bahn“ nennt Preisanhebung „kontraproduktiv“

So drastisch der Preisanstieg im Vergleich zu den Vorjahren ausfällt, andere Bus- und Bahnbetreiber und Verbünde in Deutschland greifen den Fahrgästen noch tiefer in die Tasche: So will etwa der Verkehrsverbund Oberelbe im Großraum Dresden die Tarife ab April um durchschnittlich elf Prozent anheben. Der Verkehrsverbund Rhein-Neckar verlangt seit Januar im Schnitt 8,8 Prozent mehr. Berlin und Brandenburg planen dagegen zum April einen vergleichsweise moderaten Anstieg um 5,6 Prozent.

Ein so hoher Aufschlag vergrault Kunden eher.

Tom Bruchholz, Fahrgastverband „Pro Bahn“

Der Fahrgastverband „Pro Bahn“ nannte die Preisanhebung im MDV „kontraproduktiv“: „Mit einem derart hohen Aufschlag werden Kunden eher vergrault als neue gewonnen“, sagte Sachsen-Anhalt-Referent Tom Bruchholz der MZ. Zwar seien die Kostensteigerungen nicht wegzudiskutieren, es sei aber keine Lösung, „Fahrgäste auszuquetschen“. Vielmehr brauche der Nahverkehr mehr Zuschüsse und neue Finanzierungsmodelle. Für denkbar hält Bruchholz etwa eine feste Arbeitgeber-Abgabe, um neue Linien zu finanzieren.

Kritik von den Linken: Nahverkehr für Menschen mit wenig Verdienst viel zu teuer

Auch die Linkspartei übte Kritik. Menschen mit wenig Geld könnten sich Nahverkehr schon jetzt kaum leisten, sagte die Landtagsabgeordnete Kerstin Eisenreich der MZ. Im Bürgergeld-Regelsatz seien 45,02 Euro für Mobilität vorgesehen, „das reicht nicht einmal für das 49-Euro-Ticket“. Beim Preis von künftig 2,80 Euro für eine Einzelfahrkarte in Halle würde das Budget rein rechnerisch für 16 Fahrten reichen.

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Zur Entlastung fordert die Linke daher ein landesweites Neun-Euro-Ticket für Schüler, wie es von August an in Magdeburg gelten soll. Zudem solle, so heißt es in einem Antrag für den Landtag, der Modellversuch für ein 365-Tage-Ticket fortgeführt werden. „Damit wäre Nahverkehr für alle bezahlbar“, so Eisenreich.

Das Land hatte das Projekt Ende vorigen Jahres zurückgestellt – zugunsten des 49-Euro-Tickets. Dessen Einführung hat der Bundestag am Donnerstag per Gesetz beschlossen.