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  7. Adipositas und Übergewicht in Sachsen-Anhalt: Viele Menschen im Land sind zu dick, mit gesundheitlichen Folgen

Adipositas und Übergewicht Mit Video: Sachsen-Anhalt ist zu dick: Die wenigsten Menschen im Land haben Normalgewicht

Hier wohnen besonders viele Menschen mit teilweise extremem Übergewicht. Das hat oft gesundheitliche Folgen. Wo die meisten Betroffenen leben – und wie man ihnen im Adipositaszentrum Halle hilft. Mehr dazu auch im Video.

Von Matthias Müller Aktualisiert: 19.09.2023, 13:07
Deutlich zu dick: Patienten mit 135 Kilo und mehr sind im Adipositaszentrum am Krankenhaus St. Elisabeth in Halle keine Seltenheit.  Sie werden dort mit einem ganzheitlichen Ansatz betreut.
Deutlich zu dick: Patienten mit 135 Kilo und mehr sind im Adipositaszentrum am Krankenhaus St. Elisabeth in Halle keine Seltenheit. Sie werden dort mit einem ganzheitlichen Ansatz betreut. (Foto: dpa)

HALLE/MZ - Menschen mit Normalgewicht sind in Sachsen-Anhalt deutlich in der Minderheit. Ihr Anteil unter den Erwachsenen hier im Bundesland beträgt gerade einmal 39 Prozent. Hingegen gelten 40 Prozent der Einwohner ab 18 Jahren als übergewichtig, weitere 19 Prozent gar als behandlungsbedürftig adipös – das sind insgesamt 643.000 Menschen.

Im Video: Vier Fragen an Dr. Schubert vom Adipositaszentrum Halle

 
Dr. Schubert vom Adipositaszentrum in Halle beantwortet Fragen über starkes Übergewicht und dessen Folgen. (Bericht/Kamera: Anna Lena Giesert)

Adipositas ist als chronische Krankheit anerkannt.

PD Dr. Daniel Schubert, Chefarzt Allgemeinchirurgie Krankenhaus St. Elisabeth

PD Dr. Daniel Schubert nimmt im Adipositaszentrum in Halle chirurgische Eingriffe, wie Magenverkleinerungen, an stark übergewichtigen Patienten vor. 
PD Dr. Daniel Schubert nimmt im Adipositaszentrum in Halle chirurgische Eingriffe, wie Magenverkleinerungen, an stark übergewichtigen Patienten vor. 
(Foto: Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara / Marco Warmuth)

Das geht aus einer Auswertung des Mikrozensus 2021 hervor. Untergewichtig sind demnach nur zwei Prozent der Volljährigen. Von Übergewicht spricht man generell bei einem sogenannten Body-Mass-Index (BMI) über 25. Ab einem BMI von 30 gilt man als adipös – das wäre zum Beispiel bei einem 1,80 Meter großen Mann ab einem Gewicht von rund 98 Kilo der Fall. „Adipositas ist als chronische Krankheit anerkannt“, erklärt Daniel Schubert, der im Adipositas-Zentrum Halle am Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara regelmäßig chirurgische Eingriffe wie Magenverkleinerungen bei Betroffenen vornimmt.

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Nachfrage im Adipositaszentrum in Halle steigt

Die Nachfrage nach Hilfe ist in dem Zentrum, dem einzigen zertifizierten seiner Art in Sachsen-Anhalt, in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. „Wir haben hier mittlerweile mehr als 1.000 Sprechstundenkontakte im Jahr“, sagt der Chefarzt der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Tumorchirurgie am Krankenhaus.

Zuletzt werde dabei auch häufiger die Frage nach vermeintlichen neuen „Wundermitteln“ wie Wegovy gestellt. Diese könnten in der Tat eine Ergänzung sein, so Schubert. Allerdings müsse eine Therapie zwingend ärztlich begleitet werden, es könnten erhebliche Nebenwirkungen auftreten. Diese reichen laut Europäischer Arzneimittelbehörde von Übelkeit, Erbrechen und Durchfall bis hin zu einem möglichen erhöhten Risiko von Schilddrüsentumoren.

„Und den wenigsten ist klar, dass man solche Medikamente dauerhaft nehmen muss, ergänzt Schubert. So wie Adipositas-Patienten – auch nach einer OP – ein Leben lang auf Ernährung, Bewegung und Lebensstil achten müssten. Das Grundproblem sei, dass man in unserer modernen Gesellschaft immer einfacher an Nahrungsmittel gelange, darunter häufig auch ungesunde. Gleichzeitig nehme die körperliche Belastung der Menschen ab, etwa im Berufsleben. „Somit wird der Trend zur Gewichtszunahme in der Bevölkerung stärker.“

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Gesundheit: Anteil von Kindern mit Adipositas in Sachsen-Anhalt steigt

In Sachsen-Anhalt zeigt sich das deutlich. Das Land gehört zu den Regionen in Deutschland mit dem größten Anteil an Menschen, die von höheren Graden von Adipositas betroffen sind – ab BMI 35 beziehungsweise 40 – und dabei Krankheiten wie Diabetes oder Herz-Kreislauf-Leiden entwickeln. Pro 1.000 Einwohner gibt es hier laut Morbiditätsatlas der Krankenkasse Barmer rund 33 Patienten mit mäßigem oder schwerem Übergewicht. Nur in Brandenburg (36) und Mecklenburg-Vorpommern (46) sind es mehr. Der Bundesschnitt liegt bei 26, Hamburg hat mit 17 solcher Patienten den niedrigsten Wert.

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Innerhalb Sachsen-Anhalts leben demnach die wenigsten Menschen mit schwerer Adipositas in Dessau (27 Diagnosen pro 1.000 Einwohner). Halle liegt mit 33 im Mittelfeld, die mit Abstand meisten Patienten (51) gibt es den Barmer-Zahlen zufolge im Landkreis Mansfeld-Südharz. Generell am stärksten von Adipositas betroffen sind Sachsen-Anhalter im Alter von 70 bis 79 Jahren.

Frauen sind über alle Altersgruppen hinweg stärker betroffen als Männer, der Anteil von Kindern mit Adipositas steigt. Eine Rolle spielt dabei auch der soziale Status: „Vor allem Menschen mit niedrigem Einkommen und Bildungsniveau haben ein hohes Adipositas-Risiko“, sagt Barmer-Landesgeschäftsführer Axel Wiedemann. Beides habe einen Einfluss auf die Essgewohnheiten.