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Flüchtlinge auf dem Arbeitsmarkt Reiner Haseloff kontert Kritik der Bundesarbeitsagentur - Flüchtlinge im Arbeitsmarkt

Von Jan Schumann 26.01.2017, 09:00
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff.
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff. dpa-Zentralbild

Magdeburg/Berlin - Reiner Haseloff (CDU) nennt es Realismus, doch seine früheren Weggefährten finden eine andere Bezeichnung. „Zu pessimistisch“ seien die Prognosen, die Sachsen-Anhalts Ministerpräsident zur Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt aufstelle, so Raimund Becker. Der Vorstand der Bundesagentur für Arbeit widersprach am Dienstag deutlich den Aussagen Haseloffs, der zuvor gegenüber der MZ gesagt hatte, dass es ein Erfolg wäre, wenn zehn Prozent der Flüchtlinge mittelfristig Arbeit fänden.

Agenturvorstand Becker widerspricht Haseloff: „Wir rechnen damit, dass im ersten Jahr zwischen acht und zehn Prozent von ihnen Arbeit finden werden“

Dazu muss man wissen: Haseloff war von 1992 bis 2002 selbst Direktor des Arbeitsamtes Wittenberg. Doch Agenturvorstand Becker sieht es anders als der Regierungschef und widerspricht vehement. „Wir rechnen damit, dass im ersten Jahr zwischen acht und zehn Prozent von ihnen Arbeit finden werden, im fünften Jahr wird rund die Hälfte einen Job haben“, so Becker am Mittwoch. Seinen Prognosen zufolge könnten nach 15 Jahren „dann etwa 70 Prozent“ der Flüchtlinge in Arbeitsverhältnissen sein. Es gebe keinen Grund zu glauben, dass sich die Flüchtlinge auf dem Arbeitsmarkt schlechter schlagen würden als Migranten früherer Generationen.

Die Signale aus der Arbeitsagentur wurden am Mittwoch auch in Magdeburg empfangen - auf die Einschätzungen in der Staatskanzlei hatten sie freilich keinen Einfluss. „Wir müssen realistisch bleiben, dass es schwierig wird“, sagte Regierungssprecher Matthias Schuppe. „Es gibt keinen Grund für übertriebenen Optimismus.“

Sachsen-Anhalt: Großteil der Flüchtlinge mit nicht ausreichenden Sprachkenntnissen

Das lasse sich auch aus den Statistiken Sachsen-Anhalts herauslesen. So hätten zuletzt nur drei Prozent der nichteuropäischen Ausländer aus Asyl-Herkunftsländern in Sachsen-Anhalt eine Arbeit, heißt es aus der Staatskanzlei. Das entspreche rund 960 Personen. „Darunter sind allerdings auch Menschen, die schon mehrere Jahre im Land sind“, so Schuppe. Er bekräftigte erneut, dass ein erheblicher Teil der Flüchtlinge mit nicht ausreichenden Sprachkenntnissen und niedrigem Ausbildungsniveau ins Land gekommen sei. „Der deutsche Arbeitsmarkt gehört zu den anspruchsvollsten in Europa“, hatte Haseloff gesagt. Das Langzeitarbeitslosenzahlen zeigten das deutlich. Denn betroffen seien auch Deutsche mit guter Ausbildung und Sprachkenntnissen.

Auch in der Regionaldirektion Sachsen-Anhalt-Thüringen der Bundesagentur für Arbeit hatte man sich mit Blick auf die schnelle Vermittlung in diesen Tagen eher skeptisch geäußert. Die Integration von Flüchtlingen könne kein Sprint, sondern nur ein Langstreckenlauf sein, so Direktionschef Kay Senius (SPD). „Das größte Hindernis auf dem Weg in eine Beschäftigung ist bei den meisten Flüchtlingen die fehlende Sprachkompetenz.“ Nachhaltige Integration könne nur gelingen, wenn Sprachförderung mit beruflicher Orientierung angeboten werde. Diese müsse mit Probemaßnahmen und Weiterbildungen verknüpft werden, sagte Senius. „Letztlich kommt es aber vor allem darauf an, dass Unternehmen Flüchtlingen durch Praktika und Festeinstellungen eine Chance geben. Besonderen Respekt habe ich vor denjenigen Firmen, die dabei auch Kompromisse eingehen.“

Landrat des Burgenlandkreises: „Wir sind gezwungen beim Thema Integration Erfolge zu erzielen“

In der Diskussion um die Integration von Flüchtlingen hatte Götz Ulrich (CDU), Landrat des Burgenlandkreises, zuletzt mit einem bisher unerprobten Vorschlag aufgewartet: Um die Zuständigkeiten der vielen Behörden und Akteure zu bündeln, solle es künftig eine Migrationsagentur in seinem Landkreis geben. Ulrich hatte den Vorstoß damit begründet, dass derzeit aufwendige Abstimmungen innerhalb der Verwaltungen „viel Zeit und Kraft rauben“ würden. Doch der Druck, spürbare Ergebnisse in der Integration zu erarbeiten, sei groß. „Wir sind gezwungen beim Thema Integration Erfolge zu erzielen“, hatte Ulrich gesagt. (mz)