1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Sachsen-Anhalt
  6. >
  7. Ratschlag aus Magdeburg: Ratschlag aus Magdeburg: JU-Landeschefin schlägt Kompromiss zur Obergrenze vor

Ratschlag aus Magdeburg Ratschlag aus Magdeburg: JU-Landeschefin schlägt Kompromiss zur Obergrenze vor

Von Hagen Eichler 07.10.2017, 00:00
Flüchtlinge gehen im Oktober 2015 nahe Wegscheid (Bayern) hinter einem Fahrzeug der Bundespolizei.
Flüchtlinge gehen im Oktober 2015 nahe Wegscheid (Bayern) hinter einem Fahrzeug der Bundespolizei. dpa

Magdeburg - Der seit Monaten andauernde Streit der Schwesterparteien CDU und CSU um eine Obergrenze für Flüchtlinge ließe sich nach Magdeburger Vorbild beilegen. Dafür plädiert Julia Scheffler, Landesvorsitzende der Jungen Union (JU) in Sachsen-Anhalt. „Wir können das so halten wie in unserem Koalitionsvertrag“, sagte die 33-Jährige der MZ.

Die Grundlage für das Magdeburger Regierungsbündnis aus CDU, SPD und Grünen macht keine Vorgabe, wie viele Flüchtlinge ins Land kommen dürfen. Schriftlich festgehalten ist aber, dass die CDU von „objektiven Integrationsobergrenzen“ sprechen und dafür Zahlen nennen darf.

Streitpunkt zentrales Thema beim Spitzentreffen von CDU und CSU am Sonntag

Den gleichen Kompromiss könnten CDU, FDP und Grüne auf Bundesebene der CSU anbieten, schlägt Scheffler vor. „Das Wort Obergrenze muss man der CSU auf jeden Fall zugestehen“, sagte die JU-Landeschefin. Die Schwesterpartei sei wegen der starken Verluste in einer schwierigen Lage.

Der Streitpunkt wird zentrales Thema eines Spitzentreffens von CDU und CSU am Sonntag zur Vorbereitung von Sondierungsgesprächen über eine Jamaika-Koalition. Die CSU fordert die Aufnahme von höchstens 200 000 Flüchtlingen pro Jahr. Bundeskanzlerin Angela Merkel lehnt eine solche Festlegung klar ab, Grüne und FDP ebenso.

Spaltung der Unionsparteien zieht sich bis in den Parteinachwuchs

Die Spaltung der Unionsparteien zieht sich bis in den Parteinachwuchs. Der bayerische JU-Vorsitzende Hans Reichhart bekräftigte die CSU-Forderung nach einer strikten Abriegelung ab einer bestimmten Zahl von Menschen. „Es muss einen Mechanismus geben, und zwar in Gesetzesform, der verhindert, dass sich das Jahr 2015 wiederholt - das muss die rote Linie der CSU sein“, sagte er.

Außerhalb von Bayern sehen das viele skeptisch. „Mit dem Völkerrecht ist eine Obergrenze nicht vereinbar“, urteilt Anna Kreye, Jura-Studentin in Halle und Landesgeschäftsführerin der JU Sachsen-Anhalt. Wichtiger sei, die geltenden Regeln anzuwenden, vor allem das Dublin-System. Danach ist in Europa derjenige Staat für Asyl zuständig, dessen Boden ein Flüchtling als erstes betritt.

Junge Union fordert in Dresden Zuwanderungsgesetz

Am Freitagabend kam die Junge Union in Dresden zu ihrem „Deutschlandtag“ zusammen, darunter auch rund 20 Mitglieder aus Sachsen-Anhalt. Einig ist sich der CDU-Nachwuchs in der Forderung nach einem Zuwanderungsgesetz. Dieses soll festlegen, wie viele Arbeitskräfte ins Land kommen dürfen. Mit Flüchtlingen und Asylbewerbern hat diese Zahl nichts zu tun.

Eine aktuelle Umfrage stützt die Forderung nach Begrenzung der Flüchtlingszahlen. 56 Prozent der Bevölkerung sprechen sich  für eine Obergrenze aus. 28 Prozent sind dagegen, eine konkrete Zahl im neuen Koalitionsvertrag zu verankern. Das ergab eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov.

Scharfe Kritik an Angela Merkel

Strittig ist in der Union auch, welche Konsequenzen aus den schweren Wahlverlusten nötig sind. Bayerns JU-Chef Reichhardt übte scharfe Kritik an Merkel. Deren Aussage, die Politik müsse sich nicht ändern, sei „ein typischer Fall von Realitätsverweigerung“.

Äußerst kritisch ist auch ein Papier, das in Dresden verabschiedet werden soll. Die Union habe mit einem Glaubwürdigkeitsproblem zu kämpfen gehabt, heißt es darin. Die zur FDP und AfD abgewanderten Wähler seien „unser Auftrag, uns auch ihren Sorgen wieder stärker zuzuwenden“. Anders formuliert: Ihre Belange wurden vernachlässigt.

Ruf nach personeller Verjüngung in der CDU

Sachsen-Anhalts Junge Union hingegen vermeidet scharfe Kritik an der Kanzlerin. „Ja, wir müssen unser Profil schärfen und auch darauf reagieren, dass sich Menschen abgehängt fühlen“, sagte Landesvorsitzende Scheffler. Aber: Merkel sei der Garant von Zuverlässigkeit und Stabilität, deshalb hätten viele Menschen sie gewählt. Die Kanzlerin und CDU-Chefin ist an diesem Sonnabend zu Gast bei der Jungen Union. Es ist ihr erster Auftritt vor der Parteibasis seit der Bundestagswahl.

Einig ist sich die Junge Union im Ruf nach personeller Verjüngung. Eine wichtigere Rolle fordert Landeschefin Scheffler für Jens Spahn. Der jetzige Finanzstaatssekretär gilt als wichtigster Verfechter eines konservativeren Kurses innerhalb der CDU. (mz)