Neue Landliebe Neue Landliebe: Wie Sachsen-Anhalt heimischen Landwirten helfen will

Magdeburg - Mehr als 400 Jahre lang hat die Domäne Haynsburg die Staatskasse gefüllt. Erträge aus dem Gut im heutigen Burgenlandkreis flossen an die sächsischen Kurfürsten, ab 1815 an die preußischen Könige, später an die DDR. Erst das Land Sachsen-Anhalt zog den Schlussstrich:
Der mehr als 400 Hektar große Betrieb ist verkauft, ebenso wie zahlreiche andere. Das brachte zwar noch einmal Bargeld in die Landeskasse - mit den jährlichen Pachteinnahmen ist es aber endgültig vorbei.
Nur drei Domänen sind übrig
Jahrelang hat das Land auf diese Weise privatisiert, jetzt hat der Landtag eine Kehrtwende eingeleitet. Mit der bisherigen Politik gingen am Donnerstag im Landtag Politiker aller Parteien hart ins Gericht. „Wir entziehen künftigen Generationen die Grundlage von Einnahmen“, kritisierte der Finanzpolitiker Olaf Meister (Grüne).
„Wir wollen die Reste des sprichwörtlichen Tafelsilbers nicht mehr versilbern.“ Der am Ende von allen Fraktionen gemeinsam gefasste Beschluss ist dabei zurückhaltend formuliert: Der Landtag „bittet“ die Landesregierung, landwirtschaftlich genutzte Flächen nicht mehr zu verkaufen, sondern zu behalten.
22 Domänen mit insgesamt 7 200 Hektar gehörten einmal dem Land. Ganze drei sind geblieben. Für das nächste Jahr hat Landesfinanzminister Michael Richter (CDU) bereits einen Teilverkauf der 400 Hektar umfassenden Schlossdomäne Zepzig bei Bernburg (Salzlandkreis) geplant. In der Landtagsdebatte zeigte sich Richter offen, darauf zu verzichten. Allerdings, betonte der Minister: „Dann müssen andere Einnahmequellen gefunden werden.“
Finanzminister soll nicht nur in Finanzmärkte investieren, sondern auch in heimischen Agrarmarkt
Neben den verbliebenen drei Großbesitzungen - die Domänen Zepzig und Prosigk sowie der 94 Hektar Wald umfassende Hakelforst - hält das Land noch weitere 5 000 Hektar Acker und Wiesen, verstreut über das ganze Land. Auch sie sollen nun nach dem Willen des Landtages nicht vermarktet werden, sondern im Landeseigentum verbleiben.
Mit einer überraschenden Mehrheit wurde der Beschluss der Regierungskoalition sogar noch verschärft. Die Linke hatte einen Ergänzungsantrag vorgelegt, nach dem die Landesregierung künftig „einen angemessenen Teil“ des Landesvermögens „in Grundvermögen und Immobilien“ anlegen solle. Im Klartext: Der Finanzminister soll Erspartes nicht allein auf Finanzmärkten investieren, sondern auch auf dem heimischen Agrarmarkt.
Das fand nicht nur die Linke vernünftig, sondern auch die AfD. Weil die Reihen der Koalition deutlich gelichtet waren, gelang der Überraschungs-Coup: Linke und AfD überstimmten die Koalition. Vor allem bei der Rechtsaußen-Partei war anschließend der Jubel groß.
„Als Bürgerpartei“ sei die AfD in der Lage, auch Anträgen der anderen Oppositionspartei zuzustimmen, twitterte der Wolfener Landtagsabgeordnete Daniel Roi. Die Linke hingegen betonte, dass es ihr Antrag war, der eine Mehrheit gefunden habe. Gegen die Stimmen anderer Parteien könne man sich nicht wehren, hieß es nach der Abstimmung aus der Fraktion.
Die Absage der Koalition an weitere Landverkäufe stuften beide Oppositionsparteien als unglaubwürdig ein. Alle bisherigen Koalitionen und auch die aktuelle Kenia-Koalition hätten den Ausverkauf vorangetrieben, rügte der AfD-Abgeordnete Roi in der Debatte. „Das war verantwortungslos gegenüber den nachfolgenden Generationen.“
Gesetz in der Warteschleife
Der linke Finanzpolitiker Swen Knöchel sagte, der Beschluss hätte viel strikter ausfallen müssen. „Warum beschließt der Landtag nicht, dass er keinem Haushalt mehr zustimmt, bei dem Landverkauf geplant ist?“, fragte der Hallenser.
Aktiv werden wollte die Landesregierung auch beim Verkauf privater Ackerflächen. Sie sieht mit Sorge, dass auswärtige Investoren Boden erwerben und damit Kaufpreise und Pachten in die Höhe treiben. Um das zu verhindern, hatte Agrarministerin Claudia Dalbert (Grüne) bereits für das vergangene Jahr ein Agrarstrukturgesetz angekündigt.
Das liegt jedoch bis heute nicht vor, da sich Teile der CDU und der SPD gegen eine Regulierung sträuben. Nach einer Studie gehörten Anfang 2017 bereits 22 Prozent der Landwirtschaftsbetriebe in Sachsen-Anhalt mehrheitlich überregionalen Investoren. (mz)