Nach Rücktrittsforderung Nach Rücktrittsforderung: Was Stahlknecht zur Kritik des Zentralrates der Juden sagt

Magdeburg/Berlin - Aussagen von Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) über die Belastung der Polizei durch die Bewachung jüdischer Einrichtungen stoßen auf scharfe Kritik des Zentralrats der Juden. Der Minister hatte sich am Freitag zur hohen Belastung der Polizisten geäußert.
Stahlknecht hatte bei einem Besuch der Polizeiinspektion Dessau angekündigt, dass die Rund-um-die Uhr-Bewachung fortgeführt werden solle. Das habe allerdings seinen Preis, so Stahlknecht: Die monatlich 1.500 Stunden Mehrarbeit fehlten an anderer Stelle. Es könne daher sein, dass die Polizei nicht bei jeder Anforderung pünktlich zur Stelle sei, sagte der Minister. Blaulicht-Einsätze würden allerdings in jedem Fall geleistet, versprach er.
Zentralrat der Juden: Stahlknecht gebe Juden Schuld an fehlender Polizei
Nach einem MZ-Bericht über die Aussagen reagierte am Montag Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland. „Mit seinen Äußerungen suggeriert Minister Stahlknecht, Juden seien schuld daran, wenn sich die Polizei um die Belange der übrigen Bevölkerung nicht mehr angemessen kümmern könne“, sagte Schuster der MZ und fügte hinzu: „Ein Landesinnenminister scheut sich nicht, Juden als privilegiert darzustellen und sie gegen andere Bevölkerungsgruppen auszuspielen. Damit befördert er Antisemitismus. Das ist ein Armutszeugnis.“
Eine solche Einstellung mache den Zentralrat nach dem Anschlag von Halle und dem jüngsten antisemitischen Angriff in Hamburg „fassungslos“, so dessen Präsident. „Es stellt sich die Frage, ob Holger Stahlknecht weiter für das Amt des Innenministers geeignet ist.“
Stahlknecht sagte am Montagabend auf MZ-Anfrage, er sei missverstanden worden. Das mache ihn „zutiefst betroffen und erschüttert“. Allen müsse bewusst sein, dass der Terroranschlag vom 9. Oktober auf die Synagoge in Halle eine Zäsur in der Geschichte unseres Landes darstelle. „Mein Ziel war und ist es, deutlich zu machen, dass die erhöhte Polizeipräsenz zum Schutz der jüdischen Einrichtungen für mich nicht verhandelbar ist und oberste Priorität in meinem Handeln hat“, sagte Stahlknecht.
Polizeigewerkschaft unterstützt Stahlknecht
Unterstützung erhielt Stahlknecht von der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Deren Landesvorsitzender Uwe Bachmann sagte, es sei nicht Schuld des Ministers, dass die Polizei nicht genügend Personal habe. „Er hat eindringlich dafür geworben, zusätzliche Stellen zu schaffen. Der Landtag hat das aber nicht bewilligt“, sagte Bachmann. Laut GdP bräuchte die Landespolizei 75 zusätzliche Kollegen, um die Bewachung jüdischer Einrichtungen abzudecken.
Harte Kritik übte hingegen die oppositionelle Linkspartei. Landtags-Vizepräsident Wulf Gallert warf der Landesregierung „Versagen“ beim Kampf gegen den Antisemitismus vor. Die linke Innenpolitikerin Henriette Quade sagte, ein Innenminister hätte vielerlei zu tun, um die Polizei besser zu machen. Dazu gehöre aber nicht, „den jüdischen Gemeinden vorzurechnen, wieviel ihre Sicherheit kostet und zu beklagen, dass das woanders fehlt“. (mz)