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Stimmen werden lauter Masern: Wird Impfen auch in Sachsen-Anhalt zur Pflicht?

Von Jan Schumann 13.04.2019, 10:32
Impfausweis mit angekreuzter Masern-Impfung
Impfausweis mit angekreuzter Masern-Impfung www.imago-images.de

Magdeburg - Der Druck der Befürworter einer Impfpflicht in Kitas wächst. Nach einem Landtagsbeschluss in Brandenburg zeigten sich auch Politiker in Sachsen-Anhalt und im Bund offen für strengere Regelungen.

Sachsen-Anhalts Gesundheitsministerin Petra Grimm-Benne (SPD) sagte: „Ich begrüße diese Debatte ausdrücklich. Ob eine Impfpflicht umsetzbar ist, oder zu stark in das Elternrecht eingreifen würde, muss auf Bundesebene geklärt werden.“

Brandenburg hat mit breiter Mehrheit eine Impfpflicht gegen Masern beschlossen

Hintergrund ist eine Entscheidung des Brandenburger Landtags: Das Parlament in Potsdam hatte mit breiter Mehrheit eine Impfpflicht gegen Masern beschlossen. Der Antrag kam von SPD, Linken und CDU.

„Die Masern zählen nach wie vor zu den gefährlichsten Kinderkrankheiten“, heißt es im Antrag. Das Land Brandenburg will nun prüfen, ob verpflichtende Impfungen auch gegen weitere Infektionskrankheiten notwendig sind.

Bisher gelten in den Ländern unterschiedliche Regeln. Grimm-Benne erklärte, in Sachsen-Anhalt sei festgeschrieben, dass Eltern einen Nachweis erbringen müssen, dass vor dem Kita-Start eine Impf-Beratung erfolgte. „Eine Impfpflicht aufzunehmen, war unter den geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen nicht möglich.“

Im Land liegen die Impfquoten gegen Masern laut Ministerium „weit über 90 Prozent und damit über dem Bundesdurchschnitt“. Experten gehen davon aus, dass ein wirksamer Schutz großer Gruppen ab einer Impfquote von 95 Prozent gegeben ist.

Familienministerin Giffey: „Es geht darum, Kinder vor einer lebensgefährlichen Krankheit zu schützen“

Franziska Giffey (SPD), Bundesfamilienministerin, unterstützte den Brandenburger Vorstoß am Freitag. „Dies ist keine leichtfertige Entscheidung, sondern das Ergebnis einer sorgfältigen Abwägung“, so Giffey. „Es geht darum, Kinder vor einer lebensgefährlichen Krankheit zu schützen. Die Gesundheit der gesamten Bevölkerung setzt dabei der individuellen Freiheit Grenzen.“

Eltern müssten laut Giffey Verantwortung für das eigene Kind übernehmen, „aber auch die Verantwortung des Staates für alle anderen Kinder respektieren“. Staatliches Handeln sei gefragt, „wenn das Risiko, andere Kinder in Kindergärten, Schulen oder in anderen Einrichtungen zu gefährden, nicht anders in den Griff zu bekommen ist“, so Giffey.

Das Robert-Koch-Institut zählte im vergangenen Jahr 543 Masern-Fällen - ein Rückgang zu 2017 (929). Allerdings schwanken die Jahreszahlen regelmäßig.

Die Medizinerorganisation „Ärzte für individuelle Impfentscheidung“ kritisiert hingegen die Entscheidung in Brandenburg. „Der Beschluss ist der Versuch des Parlaments, mit der Verknüpfung von Kinderbetreuung und Impfstatus eine Impfpflicht durch die Hintertür einzuführen“, sagte Sprecher Steffen Rabe. „Dass gerade in Brandenburg im Jahr 2019 noch kein einziger Masernfall gemeldet wurde, lässt diesen Beschluss zu diesem Zeitpunkt postfaktisch erscheinen.“ Der Verein, in dem auch Kinder- und Jugendärzte organisiert sind, zweifelt an der Verfassungsmäßigkeit einer Impfpflicht für Deutschland. (mz)