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Öko-Landbau Landesregierung verspricht Sachsen-Anhalt Bio-Boom - aber wer zahlt?

Die ökologische Landwirtschaft soll deutlich wachsen - das hat sich die Regierung vorgenommen. Warum der zuständige Minister Sven Schulze jedoch bremst.

Von Hagen Eichler 24.09.2022, 09:30
Kommt die Umstellungsprämie oder kommt sie nicht? Landwirtschaftsminister Sven Schulze beim Besuch eines Öko-Hofs in der Börde.
Kommt die Umstellungsprämie oder kommt sie nicht? Landwirtschaftsminister Sven Schulze beim Besuch eines Öko-Hofs in der Börde. Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa-Zentra

Magdeburg - In einem überraschenden Schritt hat sich Sachsen-Anhalts schwarz-rot-gelbe Landesregierung zu einem starken Ausbau der Öko-Landwirtschaft bekannt. Deren Flächenanteil soll bis 2030 auf 20 Prozent ansteigen und sich damit verdoppeln. Das hat die Regierung in ihrer jüngsten Sitzung beschlossen. Das Land werde für dieses Ziel in den nächsten Jahren „erhebliche Anstrengungen unternehmen“, heißt es in der vom Kabinett verabschiedeten Nachhaltigkeitsstrategie.

Ein zentrales Förderinstrument, die Prämie zur Umstellung von konventioneller auf Bio-Produktion, steht jedoch vor einer unklaren Zukunft. Sachsen-Anhalt ist laut Erzeugerverband Bioland das einzige Land, das für 2023 bislang keine Umstellungsprämie anbietet. Abschließende Aussagen dazu seien derzeit noch nicht möglich, heißt es aus dem Haus von Landwirtschaftsminister Sven Schulze (CDU). Dieser hatte sich nach seinem Amtsantritt gegen die Förderung bestimmter Anbauformen ausgesprochen. Es sei die Entscheidung der Verbraucher und der Unternehmer, auf welche Weise produziert werde, sagte er damals.

Konventionell und ökologisch wirtschaftende Betriebe sind gleichwertig zu behandeln.

Landwirtschaftsminister Sven Schulze (CDU)

Auf MZ-Nachfrage bekräftigte er seinen Kurs. „Konventionell und ökologisch wirtschaftende Betriebe sind gleichwertig zu behandeln“, sagte Schulze. Für die vom Kabinett einstimmig beschlossene Nachhaltigkeitsstrategie formuliert er Einschränkungen. Ziel der Landesregierung sei es, den ökologischen Landbau „marktgerecht“ zu fördern und den Flächenanteil „möglichst“ zu erhöhen. Zudem stehe alles unter Finanzierungsvorbehalt: „Mit Blick auf die Diskussion um den Landeshaushalt ab 2023 wird neuerlich zu bewerten sein, inwieweit sich bestimmte Maßnahmen der Nachhaltigkeitsstrategie realisieren lassen.“

Nach jüngsten vorliegenden Zahlen werden in Sachsen-Anhalt 9,9 Prozent der Flächen ökologisch bewirtschaftet. 650 Erzeuger bebauen insgesamt 115.000 Hektar. Um das Bio-Label zu erhalten, müssen Betriebe auf synthetisch hergestellte Unkrautvernichter, Mineraldünger und Gentechnik verzichten. In der Viehzucht bieten die Ställe Tageslicht und deutlich mehr Platz.

Die Branche warnt: Ohne Umsteigerprämie geht es nicht

Die Bio-Branche begrüßt das Ausbauziel des Landes. „Wir freuen uns darüber und bieten unsere Mitarbeit an“, sagte Dirk Werner vom Agrarpolitischen Arbeitskreis Ökolandbau (APÖ) Sachsen-Anhalt, einem Dachverband der verschiedenen Erzeugerverbünde. Nötig sei aber eine kontinuierliche Förderung der bestehenden Betriebe und die Wiedereinführung der Prämie für Umsteiger. Das Agrarministerium hingegen verweist auf die laufende Förderung anerkannter Biobetriebe sowie auf weitere Programme, etwa für das Anlegen von Blühstreifen oder für den Um- und Neubau von Ställen. Diese Förderung steht allen Landwirten unabhängig von der Art der Bewirtschaftung zu.

Umweltminister Armin Willingmann (SPD), der die Nachhaltigkeitsstrategie federführend erarbeitet hat, dringt auf die Einhaltung des 20-Prozent-Ziels. „Sowohl die Staatssekretärskonferenz als auch das Kabinett haben der Strategie samt ihrer Inhalte Anfang dieser Woche zugestimmt“, sagte ein Ministeriumssprecher.

Aktuell steht der Ökolandbau unter Druck. Viele Verbraucher überlegen, ob sie sich die teureren Bio-Lebensmittel noch leisten wollen. Bei Bio-Eiern habe sich der Absatz in einem Dreivierteljahr „fast halbiert“, klagt Thomas Handrick vom Verbund Ökohöfe Sachsen-Anhalt. Weil männliche Küken nicht mehr getötet werden dürfen, habe sich der Preis erhöht. „Hinzu kommt jetzt die Krise, in der bei allen das Geld knapp wird.“