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Kommentar zum Besuch Orbáns Kommentar zum Besuch Orbáns: Das Stopp-Signal von Wittenberg

Von Hagen Eichler 06.11.2017, 13:11
Der SPD-Politiker Arne Lietz protestiert mit einem Plakat gegen den Besuch von Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban.
Der SPD-Politiker Arne Lietz protestiert mit einem Plakat gegen den Besuch von Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban. Thomas Klitzsch

Wittenberg - Eine Ermahnung zur Demokratie durch Ministerpräsident Haseloff war unabdingbar. Der Besuch sei „rein religiös motiviert“, hieß es vorab. Doch wenn Ungarns Premier Orbán nach Wittenberg kommt und dabei von Sachsen-Anhalts Regierungschef Haseloff persönlich geführt wird, sendet das auch ein politisches Signal aus. Das hat auch Haseloff erkannt - am Montag ließ er bekanntgeben, dass er mit dem Gast auch über Politik sprechen werde. Unter vier Augen wolle er für Demokratie, Rechtsstaat und Pressefreiheit werben, hieß es.

Viktor Orbán steht für eine rabiate Politik der Abschottung und Ausgrenzung

Das war dringend nötig. Zuvor war lediglich von einer Museumsführung durch Ministerpräsident Haseloff die Rede. Angesichts der Persönlichkeit des Gastes wäre das grob unangemessen gewesen. Denn Orbán steht für eine rabiate Politik der Abschottung und Ausgrenzung. Er radikalisiert sich sogar noch. Die Kampagne gegen den aus Ungarn stammenden US-Milliardär und Mäzen George Soros trägt so unverhohlen antisemitische Züge, wie man es in einem EU-Land bis vor kurzem für unmöglich gehalten hätte. Orbán hat das östliche Mitteleuropa zur „migrantenfreien Zone“ ausgerufen. Das widerspricht allem, was Sachsen-Anhalts Landesregierung verteidigt.

Es ist nicht falsch, einem ausländischen Regierungschef die Schätze Wittenbergs zu präsentieren. Es wäre falsch gewesen, wenn Haseloff darauf verzichtet hätte, politische Differenzen anzusprechen. Der persönliche Draht der beiden Männer könnte sogar geeignet sein, Orbán an seine Pflichten zu erinnern: Demokratie und Rechtsstaat zu achten, Pressefreiheit zu gewährleisten, EU-Beschlüsse anzuerkennen.

Sachsen-Anhalts Landesregierung muss mit einer Stimme sprechen

Sachsen-Anhalts Landesregierung muss mit einer Stimme sprechen. Die Magdeburger Koalition hat verabredet, den Rechtspopulisten von der AfD klare Positionen entgegenzusetzen. Das Gleiche muss dann auch außenpolitisch gelten. Ein Mann wie Orbán darf nicht aus Wittenberg abreisen, ohne dass Sachsen-Anhalts Ministerpräsident deutlich macht, wie sehr er gegen europäische Werte verstößt. (mz)

In einer ersten Version dieses Kommentars hatte unser Autor kritisiert, dass Haseloff mit Orban kein politisches Gespräch führt und es unterlässt, politische Differenzen anzusprechen. Mittlerweile hat ein Regierungssprecher angekündigt, dass Haseloff dies tun wird - das hat unser Autor nun in einem neuen Kommentar eingeordnet.

Den Autor erreichen Sie unter [email protected]