Schäfchen ohne Hirten Kirchen in Sachsen-Anhalt finden keine Priester
Magdeburg - Der katholischen Kirche in Sachsen-Anhalt fällt es immer schwerer, Priester zu finden. Im Bistum Magdeburg, zu dem auch kleinere Teile von Sachsen und Brandenburg gehören, haben bereits acht von 44 Pfarreien keinen eigenen Pfarrer mehr. In den meisten Fällen werden die Amtsgeschäfte vom Pfarrer einer Nachbargemeinde übernommen.
Verschärfend kommt hinzu: Theologischer Nachwuchs ist kaum in Sicht. Derzeit hat das Bistum nur einen einzigen Theologen in der Ausbildung. „Die Lage der katholischen Kirche bei uns ist besonders spannend und auch dramatisch, weil vieles Gewohnte abbricht“, sagte Bischof Gerhard Feige der MZ.
Unsicherheit in vielen Gemeinden
Anlass für Zukunftsangst gebe es dennoch nicht, betonte er. „Kirche ist nicht an bestimmte Verhältnisse gebunden. Sie kann überall, auch unter schwierigsten Umständen, Wurzeln schlagen und segensreich wirken.“
In vielen Gemeinden gibt es dennoch große Unsicherheit. Etwa in Weißenfels (Burgenlandkreis), wo die Gemeinde St. Elisabeth ohne Pfarrer dasteht.
Gläubige fragen sich, ob ein Priester gefunden wird, der am Sonntag die Messe feiern kann. Auch gibt es Sorge um den Zusammenhalt der Gemeinschaft. Die Amtsgeschäfte, etwa Taufen und Beerdigungen, erledigt der Pfarrer von Naumburg zusätzlich zu seiner eigentlichen Arbeit.
Sechs führungslose Pfarreien werden auf diesem Weg versorgt. In zwei weiteren, Hettstedt (Mansfeld-Südharz) und Bad Liebenwerda (Brandenburg) hat Feige ein Experiment gewagt: Dort amtiert ein Leitungsteam aus Laien. Einfache Gläubige ohne Priesterweihe übernehmen die Verantwortung für die Seelsorge, lediglich mit Unterstützung eines Priesters. Das ist nach Kirchenrecht zulässig, galt aber lange als exotisches Modell.
Angst, Trauer und Wut
Bei der Einsetzung des Leitungsteams für Hettstedt im November 2017 räumte der Bischof ein, der Gemeinde werde einiges zugemutet. „Angst kann aufkommen, auch Trauer und sogar Wut“, sagte Feige in seiner Predigt.
Dennoch sei das Leitungsteam keine Notlösung, denn jeder getaufte könne den Heiligen Geist weitergeben. Als Patentlösung für den Priestermangel will Feige das Engagement einfacher Gläubiger nicht gelten lassen. Aber: Wenn es in einer Pfarrei entsprechende Kompetenzen „und auch die Bereitschaft dazu“ gebe, komme dieses Modell in Frage.
Zölibat schreckt ab
Das Bistum Magdeburg zählt rund 80.000 katholische Christen. Die Zahl der Beerdigungen übertrifft seit vielen Jahren die der Taufen. Neben der schrumpfenden Basis zählt der Mangel an Priesterkandidaten zu den größten Problemen. Auch Katholiken räumen ein, dass der Zölibat, die Pflicht zur Ehelosigkeit, Interessenten abschreckt.
Viele Bistümer importieren daher Priester aus Ländern mit wachsenden katholischen Gemeinden. Magdeburgs Bischof Feige sieht darin keinen Ausweg. Die Lage der Katholiken in Sachsen-Anhalt, als kleine Minderheit in einer nichtgläubigen Umgebung, sei für Christen etwa aus Indien zu ungewohnt. „Wie kann jemand aus einem zutiefst religiös geprägten Umfeld sich kreativ auf unsere säkularen Verhältnisse einlassen?“, fragt Feige.
Kirche „auf Ostdeutsch“
Es reiche auch nicht, die Messe zu lesen; Priester müssten in der Lage sein „die christliche Botschaft auf Ostdeutsch zu buchstabieren“. Auch die Rolle der Frauen und das selbstbewusste Auftreten von Laien könne für Priester aus einer anderen Kultur ungewohnt sein.
Die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland hat derweil ausreichend Theologen. „Wir werden dafür künftig noch mehr tun müssen, aber derzeit gibt es keine Not“, sagte ein Sprecher.
(mz)