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Bundesrat billigt Hanf-Reform Haseloff sieht beschlossenes Cannabis-Gesetz als „Booster für den Schwarzmarkt“

Der Bundesrat billigt die Cannabis-Legalisierung zum 1. April. Die Drogenreform kommt trotz lauter Warnungen aus den Bundesländern: Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) fürchtet einen „Booster für den Schwarzmarkt“.

Von Jan Schumann Aktualisiert: 22.03.2024, 13:48
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU)
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) (Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa)

Berlin/Magdeburg/MZ - Es ist eine Revolution in der deutschen Drogenpolitik: Trotz Warnungen aus den Bundesländern hat der Bundesrat am Freitag die Teillegalisierung von Cannabis gebilligt. Ab April dürfen Erwachsene 25 Gramm der Droge in der Öffentlichkeit bei sich tragen, zu Hause sind 50 Gramm und drei Pflanzen erlaubt. Zudem sollen staatlich kontrollierte Anbauvereinigungen künftig dafür sorgen, dass der illegale Drogenhandel verdrängt wird.

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) warnte im Bundesrat aber, dass das Cannabis-Gesetz der Bundesregierung genau das Gegenteil bewirke: Es sei ein „Booster für den Schwarzmarkt“.

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Denn wer am 1. April Cannabis rauche, könne dies noch gar nicht aus legaler Quelle haben. „Es wird mehr Todesfälle als bisher geben“, die mittelbar mit riskantem Cannabis-Konsum zusammenhängen würden, sagte Haseloff. Allein in Sachsen-Anhalt seien im Jahr 2023 sechs Drogentote bekannt gewesen, bei denen Cannabis-Konsum mitursächlich war, sagte Deutschlands dienstältester Ministerpräsident.

Tausende Cannabis-Strafurteile im Land müssen neu geprüft werden

Seit Tagen warnt er zudem vor einer „Überlastung des Staates und der Justiz“: Aufgrund der nun beschlossenen Amnestieregelung müssten allein in Sachsen-Anhalt 5.000 alte Strafurteile neu geprüft werden. Noch nicht vollstreckte Strafen für Cannabis-Delikte, die nun entfallen, werden getilgt.

Kommentar zum Thema: Halbgare Drogen-Reform

Im Bundesrat kritisierten am Freitag weitere Länder die Cannabis-Reform. Sachsens Regierungschef Michael Kretschmer (CDU) warnte, das Gesetz öffne mit der Legalisierung eine „Büchse der Pandora“, die nie wieder geschlossen werden könne. Es werde „Chaos“ geben. Brandenburgs Justizministerin Susanne Hoffmann (CDU) prognostizierte, ab April werde die Cannabis-Nachfrage in Deutschland deutlich steigen, allerdings könnten die neuen Anbauvereine diese Nachfrage niemals decken.

Lauterbach macht Zugeständnisse nach Kritik am Cannabis-Gesetz

Die 16 Landesjustizminister hatten im Vorfeld eine Verschiebung des Gesetzes gefordert. Ähnlich hatte sich Sachsen-Anhalts Gesundheitsministerin Petra Grimm-Benne (SPD) vor Tagen geäußert: Die Länder bräuchten deutlich mehr Vorbereitungszeit, um die neuen Vorgaben umsetzen zu können – etwa zur Kontrolle der neuen Anbauvereine.

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Aufgrund der massiven Kritik hatte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) vor der Bundesratsabstimmung noch Zugeständnisse gemacht. So soll die Höhe der erlaubten Cannabis-Besitzmengen nach 18 Monaten auf Praxistauglichkeit überprüft werden. Es ist eine Art Hintertür, um die erlaubte Besitzmenge nach einer Art Testphase wieder zu senken. Auch die festgelegten Verbotszonen für Cannabis-Konsum sollen nach 18 Monaten auf ihre Praktikabilität geprüft werden: Im Umkreis von 100 Metern um Kitas, Schulen und Sportstätten bleibt das Kiffen laut Gesetz verboten.

Sachsen-Anhalt enthält sich wegen Zustimmung der FDP am Cannabis-Gesetz

Um das umstrittene Gesetz noch zu verändern, hätte der Bundesrat am Freitag mit einer Mehrheit den sogenannten Vermittlungsausschuss anrufen müssen – dieses Ziel verfehlten die Cannabis-Kritiker aber deutlich. Trotz Vorbehalten stimmte auch Sachsen-Anhalt nicht für den Vermittlungsausschuss, sondern enthielt sich – so schreibt es der Koalitionsvertrag vor, wenn sich Sachsen-Anhalts Regierungspartner aus CDU, SPD und FDP nicht auf eine gemeinsame Haltung einigen können. Anders als Haseloff befürwortete vor allem die FDP die Cannabis-Reform. „Jeder Monat Verzögerung der Cannabis-Legalisierung bedeutet tausende Strafverfahren gegen Kleinkonsumenten und damit unnötige Bürokratie“, glaubt FDP-Gesundheitspolitiker Konstantin Pott. „Anpassungen bezüglich der Besitzmengen und Mindestabstände könnten nach gesammelten Erfahrungen immer noch vorgenommen werden.“ Lauterbach sagte am Freitag: „Der Kampf hat sich gelohnt.“