Hartz IV Hartz IV: Erschleichen sich Rumänen systematisch Sozialleistungen?
Halle (Saale) - Eine neue Masche des Sozialbetrugs scheint in Sachsen-Anhalt immer beliebter zu werden. Im Fokus stehen EU-Ausländer, die sich Hartz-IV-Leistungen durch einen simplen Trick erschleichen: Sie täuschen eine Selbstständigkeit oder eine Beschäftigung bei einem Arbeitgeber vor und bekommen so Zugang zum deutschen Sozialsystem.
„Dieses Vorgehen ist in Sachsen-Anhalt zwar nicht flächendeckend, sondern eher punktuell zu beobachten“, sagt Kay Senius, Leiter der Landesarbeitsagentur der MZ. Dort wo es vorkomme, werde der Leistungsmissbrauch aber systematisch durchgeführt.
Vor allem rumänische Zuwanderer stehen im Fokus. Gegen sie gibt es laut Senius eine niedrige dreistellige Zahl an Verdachtsfällen, denen die Jobcenter nachgehen. Schwerpunkte seien Halle und Magdeburg sowie der Landkreis Jerichower Land, wo sich in der Einheitsgemeinde Elbe-Parey laut MDR etwa 300 Rumänen niedergelassen haben. Der Großteil davon sei erst im vergangen-en Jahr zugezogen.
EU-Ausländer haben in Deutschland erst nach fünf Jahren ein Anrecht auf Hartz-IV-Leistungen. Ein entsprechendes Gesetz hat der Bundestag Ende 2016 verabschiedet. Damit soll verhindert werden, dass EU-Ausländer nur wegen des besseren Sozialsystems nach Deutschland ziehen. Allerdings gibt es eine Einschränkung: Wer in Deutschland angestellt ist oder selbstständig arbeitet, bekommt sofort Zugang zu Sozialleistungen. Und anscheinend wird diese Regelung nun vermehrt ausgenutzt.
Erschleichen von Sozialleistungen: Jobcenter vermutet Strategie
Häufig geht der Verdacht der Jobcenter dabei auf eine auffällige Kombination zurück, wie Agentur-Sprecher Christian Weinert erklärt: „Aufmerksam werden wir zum Beispiel, wenn ein Vermieter in einer Wohnung mehrere Personen der gleichen Nationalität untergebracht hat und diese zudem noch als Arbeitgeber geringfügig beschäftigt.“
Die Vermutung ist dann, dass es zur Unterkunft gleich eine fiktive Anstellung dazu gibt. Und mit diesem eigentlich nicht vorhandenen Job können dann wiederum Sozialleistungen wie eine Aufstockung durch Hartz IV beantragt werden.
Um solche Betrügereien aufzudecken, gibt es beim Jobcenter Jerichower Land bereits ein eigenes Team, das sich nur um die Rumänen im Landkreis kümmert. In Halle hingegen sei die Situation noch unauffällig, sagt Jobcenter-Geschäftsführer Jan Kaltofen: „Es gibt zwar Verdachtsfälle, aber einen Schwerpunkt sehe ich in unserem Bereich nicht.“
Sozialbetrug keinesfalls an Nationalität geknüpft
Kaltofen warnt zudem vor Pauschalisierungen. Sozialbetrug sei keinesfalls an eine Nationalität geknüpft. „Das kommt unter Rumänen ebenso vor wie unter Deutschen.“ Jedem Verdacht werde in gleicher Weise nachgegangen. „Wir haben dazu einen eigenen Ermittlungsdienst, der die geschilderten Lebensumstände unserer Kunden untersucht“, erklärt Kaltofen.
Werde dabei ein Vergehen festgestellt, erstattet das Jobcenter Strafanzeige. Auch bei der Landesarbeitsagentur betont man, dass sich die Verdachtsfälle nur gegen einen kleinen Teil der Rumänen richten. Die Vorwürfe können deswegen nicht verallgemeinert werden.
Zugleich weist Kay Senius darauf hin, dass die Rumänen mittlerweile die zweitgrößte Gruppe von Arbeitnehmern aus Osteuropa sind. Aktuell seien 1.522 Rumänen im Land sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Das sind 16 Prozent mehr als im vergangenen Jahr. Viele davon würden in der Pflege arbeiten.
Nach Ansicht von Agentur-Sprecher Weinert könnte das Problem aber noch zunehmen. Das zeige die Entwicklung in Westdeutschland, wo es bereits deutlich mehr Betrugsfälle gibt. „Und die Masche weitet sich nun auch nach Ostdeutschland aus.“ (mz)