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Gutachter-Affäre Gutachter-Affäre: Landtag berät über die zweifelhafte Vergabe von Beraterverträgen

Von Anja Förtsch 01.09.2016, 11:47
Papiere vom einem Ausschuss liegen auf einem Tisch des Landtags von Sachsen-Anhalt in Magdeburg.
Papiere vom einem Ausschuss liegen auf einem Tisch des Landtags von Sachsen-Anhalt in Magdeburg. dpa-Zentralbild

Magdeburg - In der Landtagsdebatte um die umstrittene Vergabe millionenschwerer Gutachten-Aufträge hat Finanzminister André Schröder mehr Transparenz bei derartigen Verträgen gefordert. Der Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen dem Finanzministerium und der Investitionsbank (IB) sei „schon während seiner Entstehung völlig unzureichend kommuniziert“ worden, so Schröder. Mit Blick auf die Klärung des Sachverhalts verwies der Minister auf die Sitzung des Finanzausschusses in der kommenden Woche. Dann werde auch Wirtschaftsminister Jörg Felgner (SPD) Rede und Antwort stehen, sagte Schröder.

Gutachter-Affäre: Kritik an fehlender Transparenz

Auch Olaf Meister (Grüne) beklagte die fehlende Transparenz. Er bezeichnete es als hinderlich, dass die Finanzpolitiker alle Vorgänge in dem Fall von der Presse erfahren. Meister forderte eine Antwort auf die Frage, wieso der Geschäftsbesorgungsvertrag nicht dem Finanzausschuss vorgelegt wurde und warum „überhaupt der Umweg über die IB“ genommen worden sei.

Linken-Fraktionschef Swen Knöchel griff die Landesregierung scharf an. Er erinnerte an die Situation im Jahr 2006, als die Zahl der in Auftrag gegebenen Gutachten sprunghaft gestiegen war. Dem sei durch die 5.000- und 20.000-Euro-Regeln ein Riegel vorgeschoben worden, so Knöchel. Üblicherweise müssen Verträge ab 5.000 Euro von den Staatssekretären abgesegnet werden, Verträge ab 20.000 Euro müssen den Finanzausschuss passieren. Diese „Gutachteritis“ von 2006 sei mit der nun diskutierten Causa erneut ausgebrochen, sagte Knöchel.  Er frage sich zudem,  „was der eigentliche Skandal ist: das, was passiert ist, oder der Zeitpunkt an dem wir darüber reden“, so der Fraktionschef. Einer Diskussion um die Personalie in der aktuellen Debatte erteilte Knöchel eine Absage.

AfD-Politiker Matthias Büttner: „Ein Skandal“

Zuvor hatte der AfD-Politiker Matthias Büttner Kritik geübt. Das Thema sei in seinen Augen sowie in den Augen seiner Fraktion ein Skandal, sagte der Abgeordnete. Das einige Aufträge vergeben wurden, ohne vorher zu prüfen, ob die Leistungen im eigenen Haus hätten erbracht werden können, erwecke laut Büttner „den Anschein, als wolle man sich keine Arbeit machen“.

In der Gutachter-Affäre geht es um Beraterverträge, die zwischen 2010 und 2013 vergeben wurden. Dabei sollen einige Aufträge ohne parlamentarische Kontrolle und Alternativangebote vergeben worden sein.

Kritisiert wird vor allem der Abschluss eines sogenannten Geschäftsbesorgungsvertrags zwischen dem Finanzministerium und der IB unter dem damaligen Finanzminister Jens Bullerjahn (SPD). Das 6,3 Millionen-Euro-Papier befähigt die IB, Gutachten in Auftrag zu geben. Auf diesem Weg werden die üblichen Kontrollmechanismen der Landesregierung umgangen, so der Vorwurf. Das Dokument trägt laut Finanzministerium die Unterschrift des jetzigen Wirtschaftsministers Felgner. Für einen zusätzlichen Beigeschmack sorgt in der Frage des Geschäftsbesorgungsvertrags die Tatsache, dass die IB einen großen Teil der Aufträge an das hallesche Institut für Strukturpolitik und Wirtschaftsförderung (ISW) vergeben hat. Das ISW wird vom Bullerjahn-Vertrauten und HFC-Präsidenten Michael Schädlich geleitet.

Die Ungereimtheiten in Zusammenhang mit Gutachter-Aufträgen waren bei einer Routineprüfung des Landesrechnungshofes aufgefallen. Dabei wurden 360 vom Land vergebene Verträge untersucht. Seit Donnerstagmorgen haben die Abgeordneten Einsicht in die entsprechenden Akten. (mz)