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Für mehr Sicherheit Für mehr Sicherheit: Alle Nahverkehrszüge sollen wieder Schaffner an Bord haben

Von Alexander Schierholz 29.10.2019, 01:00
So sah er früher aus - ein Schaffner in historischer Uniform vor einem Sonderzug. In Sachsen-Anhalt sind Zugbegleiter bald wieder die Regel.
So sah er früher aus - ein Schaffner in historischer Uniform vor einem Sonderzug. In Sachsen-Anhalt sind Zugbegleiter bald wieder die Regel. Picture-Alliance/ZB

Halle (Saale) - Angesichts einer steigenden Zahl von Zwischenfällen in Zügen setzt Sachsen-Anhalt auf die Betreuung von Fahrgästen durch Schaffner: Ab Dezember soll wieder jeder Regionalzug mit einem Kundenbetreuer, wie die Schaffner heute heißen, besetzt sein. Dann läuft im Saale- und im Burgenlandkreis, auf den Strecken Merseburg-Querfurt und Weißenfels-Zeitz, der letzte Verkehrsvertrag aus, der nur für einen Teil der Fahrten Zugbegleiter vorsah. Seit den 2000er Jahren waren sie allmählich aus den Zügen verschwunden.

Das Land begründet die Rückkehr zum Schaffner vor allem mit erhöhter Sicherheit. „Durch ihre Präsenz vermitteln sie den Fahrgästen das Gefühl, in der Bahn sicher zu sein“, sagte Verkehrsminister Thomas Webel (CDU) der MZ. „Viele Menschen fühlen sich spätabends allein im Zug nicht wohl, diese Erfahrung habe ich selber schon gemacht“, sagte der AfD-Landtagsabgeordnete Hannes Loth. Zahlen, die er beim Land erfragt hatte, deuten auf einen Anstieg von Zwischenfällen.

Zahl der Vorfälle in Zügen steigt deutlich an

Demnach meldeten die Zugbetreiber von 2017 zu 2019 eine Steigerung von 65 auf 97 Fälle, bei denen Ordnungskräfte einschreiten mussten. In jedem dritten Fall ging es um Bedrohung, Beleidigung oder Körperverletzung. Die Zahlen sind aber nur bedingt aussagekräftig, weil nicht alle Unternehmen Vorfälle nach einheitlichen Standards erfassten. Auch liegt keine Übersicht vor über Fälle, bei denen kein Eingreifen notwendig war.

In den Verträgen, die das Land mit Zugbetreibern wie der Deutschen Bahn AG schließt, war lange nur eine Besetzungsquote von 20 Prozent vorgeschrieben. Erst seit einigen Jahren verlangt das Land eine 100-Prozent-Quote. Die frühere Zurückhaltung hatte laut Verkehrsministerium vor allem finanzielle Gründe. Das Geld, das Sachsen-Anhalt jährlich vom Bund für den Nahverkehr erhält, hätte demnach nicht ausgereicht, um Schaffner in jedem Zug zu finanzieren. 2016 wurden diese Zuschüsse allerdings aufgestockt. In diesem Jahr erhält Sachsen-Anhalt 423 Millionen Euro.

Jeder Zug mit Schaffner: Ziel ist nur schwer erreichbar

Die 100-Prozent-Quote steht zunächst allerdings nur auf dem Papier. In der Praxis haben Zugbetreiber wegen Personalmangels immer wieder Schwierigkeiten, alle Züge zu besetzen; landesweit sind dafür mehrere hundert Mitarbeiter notwendig. Zuletzt traf es das Unternehmen Abellio, das sich den Markt im Land zu gleichen Teilen mit der Deutschen Bahn aufteilt. Im Dezember hatte Abellio 900 weitere Kilometer Strecken übernommen.

Anfangs fehlten dafür nicht nur Lokführer, sondern auch Zugbegleiter, erst seit August sind alle an Bord. Bei Zügen ohne Schaffner behält das Land pro gefahrenem Kilometer bis zu 1,60 Euro ein. Allein von Januar bis Juli dieses Jahres lief so eine Strafe von knapp einer Million Euro auf, nicht nur Abellio war betroffen.

Fahrgastverband lobt Entscheidung für mehr Schaffner

Der Fahrgastverband Pro Bahn hält die Investition in Schaffner für gut angelegtes Geld: „Erfahrungsgemäß nehmen Vandalismus und Verschmutzungen ab, wenn dauerhaft jemand an Bord ist“, sagte Referent Carsten Schulze-Griesebach.

Dem Verband geht die 100-Prozent-Quote aber nicht weit genug. Zugbegleiter sollten auch Tickets verkaufen, forderte der Referent. Bisher ist dies unterschiedlich geregelt. Während alle Abellio-Züge Ticketautomaten haben, ist das bei der Bahn nur auf wenigen Linien der Fall. Stattdessen gilt häufig: Der Fahrschein muss vor dem Einsteigen gekauft werden, sonst drohen ein Aufpreis oder ein Strafgeld.

Pro Bahn will diese Praxis beenden. „Der Ticketkauf im Zug muss problemlos möglich sein“, so Schulze-Griesebach, egal ob beim Schaffner oder am Automaten.

(mz)