1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Sachsen-Anhalt
  6. >
  7. Forstämter Sachsen-Anhalt : Forstämter Sachsen-Anhalt: Mehr Aufgaben, weniger Personal

Forstämter Sachsen-Anhalt  Forstämter Sachsen-Anhalt: Mehr Aufgaben, weniger Personal

21.11.2016, 18:58
Auch wenn Maschinen so manche Arbeit im Wald übernehmen - wie hier im Zeitzer Forst -, fehlt den Forstämtern Personal.
Auch wenn Maschinen so manche Arbeit im Wald übernehmen - wie hier im Zeitzer Forst -, fehlt den Forstämtern Personal. René Weimer

Halle (Saale) - Der Wald in Sachsen-Anhalt ist durch den trockenen Sommer in einigen Regionen stark geschädigt. Vor allem im Harz, in der Altmark und im Bereich Dessau haben Schädlinge den Bäumen arg zugesetzt. Doch nicht nur denen. Die Förster und deren Waldmitarbeiter sind als eine Art Feuerwehr unterwegs, um die Schäden zu sichten und zu bekämpfen. „Das gelingt wegen der Personalnot aber immer weniger“, sagt der Vorsitzende des Waldbesitzerverbandes Sachsen-Anhalt, Franz Prinz zu Salm-Salm. Er warnt seit Monaten davor, dass die Unterbesetzung in den Forstämtern eine ernsthafte Gefahr für den Wald darstellt. Viel Gehör fand Salm nicht. Es wurde als Pfeifen im Walde abgetan

Zahl der Mitarbeiter im Forst halbiert, Aufgabenfelder verdoppelt

Eine kleine Anfrage des Linken-Landtagsabgeordneten Andreas Höppner an die Landesregierung deckt nun die Missstände auf: „In den vergangenen zehn Jahren wurde die Zahl der Mitarbeiter fast halbiert, das Aufgabenfeld ist aber gewachsen“, sagte Höppner. So hatte das Landeszentrum Wald, das unter anderem für den Privatwald und den Forstschutz zuständig ist, 2006 noch 830 Mitarbeiter. 2015 waren es 462. Doch auch diese stehen nur auf dem Papier. Denn im selben Zeitraum ist der Krankenstand von durchschnittlich 18 Kalendertagen pro Mitarbeiter im Jahr auf 30 Tage angestiegen. 

Ähnlich ist die Situation im landeseigenen Forstbetrieb mit 27 Tagen. „Der hohe Krankenstand zeigt, dass die Arbeitsbelastung zu hoch ist“, so Höppner. Das hat nach seiner Auffassung unmittelbare Folgen für den Wald: „Erst sind die Förster krank, dann der Wald.“ Auf Höppners Frage, ob alle Aufgaben noch erfüllt werden können, antwortete die Landesregierung: „Die Sicherung der umfassenden Pflichtaufgaben der Revierleiter ist bei der Größe der Revierbereiche sowie deren Komplexität im Rahmen einer Anwesenheitsvertretung bei Arbeitsunfähigkeit, insbesondere wenn diese länger andauert, kaum zu gewährleisten.“

Schädlingsbefall wird in einigen Revieren nicht mal mehr erfasst

Kurz: Wenn ein Revierleiter ausfällt, bleibt Arbeit liegen. Salm schildert die Konsequenzen: „Da Förderrichtlinien nicht rechtzeitig fertig werden, kann die Anpflanzung junger Bäume im Herbst nicht vorgenommen werden“, so Salm. EU-Mittel für die Aufforstung würden nicht abgerufen. In einzelnen Revieren wird laut Salm der Schädlingsbefall nicht mehr richtig erfasst. Den Mitarbeitern in den Forstämtern macht er keinen Vorwurf: „Die arbeiten am Limit.“

Verantwortlich macht Höppner den früheren Agrarminister Hermann Onko Aeikens  (CDU), der nun Staatssekretär im Bundeslandwirtschaftsministerium ist. Aeikens wollte zuletzt die Stellenzahl aufstochen. Dennoch sagt Höppner: „Es wurde eine Personalpolitik mit der Kettensäge betrieben.“ Neue, jüngere Mitarbeiter seien oft nur befristet eingestellt worden und hätten sich schnell sichere Jobs etwa in Niedersachsen gesucht. Von der jetzigen Umweltministerin Claudia Dalbert (Grüne) fordert Höppner ein Konzept, wie der Notstand  behoben werden kann.  Doch die Haushaltsentwürfe für 2017 und 2018 sehen keine Aufstockung des Personals im Landeszentrum Wald oder  im Landesforstbetrieb vor. Die Budgets ermöglichen nicht einmal die Nachbesetzung ausscheidenden Personals. Im MZ-Interview sagte Dalbert zuletzt:  „Ich werde um jede einzelne Stelle kämpfen. Ich möchte aber keine Versprechungen machen, die ich dann nicht einhalten kann.

Missstände bei Mitarbeitern der Forstämter können nicht angesprochen werden

Nach außen dringen sollen die Probleme offenbar auch  unter Dalbert nicht. Nach MZ-Informationen erhielten leitende Mitarbeiter der Forstämter eine Mail, dass alle Medien-Anfragen ausnahmslos an die Pressestelle des Ministeriums weitergeleitet werden sollen. Bei Verstößen stehe „die Umsetzung disziplinarischer Maßnahmen im Raum“.  Höppner dazu: „Durch eine solche Wortwahl werden Mitarbeiter eingeschüchtert. Jeder überlegt sich dann zweimal, ob er Missstände in- und extern offen anspricht.“ (mz)