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Finanzinvestoren schlagen zu Finanzinvestoren schlagen zu: Ackerland in Ostdeutschland wird immer teurer

Von Steffen Höhne 27.01.2018, 10:00
Die Preise für Ackerland in Sachsen-Anhalt sind über die Jahre  spürbar gestiegen. 
Die Preise für Ackerland in Sachsen-Anhalt sind über die Jahre  spürbar gestiegen.  dpa/MZ Büttner

Halle (Saale) - Ackerland in Ostdeutschland ist umkämpft: Finanzinvestoren auf der Suche nach Rendite schnappen Bauern immer öfter die Flächen weg.

In den vergangenen Jahren sind die Preise für das knappe Land deutlich gestiegen (siehe Grafik). „Die Situation auf dem Bodenmarkt verschärft sich täglich“, sagt der Präsident des Bauernbundes, Kurt-Henning Klamroth. Seit 2007 seien viele Betriebe, die bislang Ortsansässigen gehörten, durch externe Investoren übernommen worden, berichtet Andreas Tietz vom Thünen-Institut. 

Die Klagen der Landwirte gibt es schon lange, das staatliche Thünen-Institut belegt diese nun mit Zahlen. Es hatte im vergangenen Jahr 853 Agrar-Unternehmen in zehn ostdeutschen Landkreisen untersucht. Dabei zeigte sich, dass mehr als ein Drittel (34 Prozent) der landwirtschaftlichen Betriebe Ortsfremden gehört. Vor zehn Jahren waren es erst 22 Prozent.

Studienautor Tietz weist vor allem auf die Dynamik hin: Von den 155 übernommenen Unternehmen in den vergangenen zehn Jahren gingen 72 Prozent an überregional tätige Investoren. Diese kommen je zur Hälfte aus der Landwirtschaft und der Finanzbranche. In Sachsen-Anhalt gehören immerhin 22 Prozent der Ackerfläche überregional aktiven Investoren.

Landwirtschaftsministerium sieht problematische Entwicklung

Auch das Landwirtschaftsministerium in Sachsen-Anhalt sieht diese Entwicklung als problematisch an: „Dadurch wird der ländliche Raum geschwächt, weil oftmals der Bezug zum Ort durch die neuen Eigentümer nicht mehr gegeben ist.“ Gemeinden gehen häufig auch Einnahmen verloren, denn überregionale Eigner zahlen meist keine Ertrags- oder Einkommenssteuer am Sitz der Tochterfirma.

Nach Ansicht des Bauernbundes nutzen die Investoren eine Gesetzeslücke. In Deutschland regelt das sogenannte Grundstücksverkehrsgesetz den Bodenerwerb. Darin ist festgelegt, dass beim Verkauf von größeren Ackerflächen örtliche Landwirte ein Vorkaufsrecht besitzen. So soll eine funktionierende Agrarstruktur erhalten bleiben.

Das wird jedoch häufig umgangen, weil die Investoren ganze landwirtschaftliche Betriebe inklusive Acker erwerben - nicht die Flächen direkt. „Es ist absurd, dass der Verkauf von zehn Hektar genehmigt werden muss, der eines Betriebes mit 1.000 Hektar aber nicht“, so Bauernbund-Chef Klamroth.

Behörden prüfen, ob Verkäufe rückgängig gemacht werden können

Aktuelles Beispiel: Der weltgrößte Rück-Versicherer Munich Re erwarb über eine Tochter große Flächen in Brandenburg und Sachsen-Anhalt. Laut dem Agrar-Ministerium Brandenburg hat der Versicherer 94,9 Prozent an der ATU Landbau GmbH erworben, kurz nachdem dem Betrieb für den Erwerb von 2 263 Hektar landwirtschaftlicher Fläche die grundstücksrechtliche Genehmigung erteilt worden war. In Brandenburg sahen sich die Behörden getäuscht, ein Teil der Flächen musste Munich Re wieder abgeben. Es laufen aber noch juristische Verfahren. Auch Behörden in Sachsen-Anhalt prüfen laut Agrarministerium, ob Verkäufe rückgängig gemacht werden.

Das Geschäftsmodell von Munich Re ist es eigentlich, andere Versicherer gegen Naturkatastrophen oder große Industrieunfälle abzusichern. Der Münchner Konzern muss selbst Milliarden Euro anlegen. In Zeiten niedriger Zinsen wird auch in Ackerland investiert. Zum laufenden Verfahren in Sachsen-Anhalt will sich der Versicherer nicht äußern. Er verpachtet die erworbenen Flächen nach eigenen Angaben an landwirtschaftliche Betriebe. Doch nicht nur der Versicherer auch große Möbelhändler, Optiker-Konzerne und Finanzvermittler greifen nach Boden. Das Problem: Die sogenannte Bodenrendite bleibt nicht im Land.

Sachsen-Anhalts frühere Agrarminister Hermann Onko Aeikens (CDU) wollte das ändern, scheiterte aber ausgerechnet am Widerstand großer Agrar-Betriebe in Sachsen-Anhalt. Diese firmieren häufig als GmbH oder Genossenschaften. Die Gesellschafter der Firmen haben Sorge, dass sie nicht mehr entscheiden können, ob sie Land kaufen oder verkaufen können. Sachsen-Anhalts Landwirtschaftsministerin Claudia Dalbert (Grüne) sieht Handlungsbedarf, um Betriebsverkäufe zu regulieren. Sie hält sich aber bedeckt, ob und wann es zu ei-
ner gesetzlichen Neuregelung kommt.(mz)

In Sachsen-Anhalt wird das Ackerland immer teurer.
In Sachsen-Anhalt wird das Ackerland immer teurer.
dpa