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Vielerorts fiel kaum ein Tropfen Experte klärt auf: Deshalb treffen Unwetterwarnungen nicht immer zu

Von Daniel Salpius 09.08.2018, 22:50
Unwetter können sich binnen Minuten bilden.
Unwetter können sich binnen Minuten bilden. imago stock&people

Halle (Saale) - Immer wieder warnt der Deutsche Wetterdienst (DWD) vor schweren Gewittern und sogar Unwettern. Die Meldungen werden oft auch auf mz-web.de veröffentlicht. Dabei passierte am Ende vielerorts – nichts. Also alles bloß Panikmache und Sensationslust? Zwar wetterte es am Donnerstag in manchen Orten Mitteldeutschlands, doch in Sachsen-Anhalt wurden die meisten Orte - und auch die Stadt Halle, die es eigentlich am schwersten treffen sollte - verschont.

Florian Engelmann vom DWD in Leipzig erklärt, warum nach Unwetterwarnungen oft kein schlimmes Unwetter folgt: „Gewitter bilden sich sehr spontan“, sagt der Fachmann. Zwar können die Meteorologen anhand der Wetterlage abschätzen, in welchen Gebieten Blitz und Donner sehr wahrscheinlich sind. Wo die Gewitter sich dann tatsächlich bilden, lässt sich jedoch kaum vorhersagen.

Unwetter können sich innerhalb weniger Minuten bilden

Hinzu kommt laut Engelmann: „Unwettermeldungen in den Medien basieren oft auf den von uns heraus gegebenen Vorabinformationen.“ Früher habe man hier auch von Unwettervorwarnungen gesprochen. Vorabinformationen besagen aber lediglich, dass für eine bestimmte Region ein erhöhtes Unwetter-Risiko bestehe. Sie seien keine Garantie, dass auch tatsächlich schwere Gewitterstürme aufziehen.

Liegen hingegen amtliche Unwetterwarnungen vor, sind schwere Gewitter mit Starkregen in der Regel schon in vollem Gange oder stehen unmittelbar bevor. „Unsere Radarbilder aktualisieren sich alle fünf Minuten. Unwetter bilden sich aber teilweise schneller“, erklärt Florian Engelmann. Eine Vorwarnzeit gebe es im Grunde nicht.

Auch amtliche Unwetterwarnung keine Garantie

Doch nicht jedes Gewitter hat auch Unwetterpotenzial. Erst bei Regenmengen von mehr als 25 Litern pro Quadratmeter und Stunde ist für Meteorologen die Unwetterschwelle erreicht. Um dies vorhersagen zu können, ist Fingerspitzengefühl gefragt. „Wenn man etwas Erfahrung hat, kann man das anhand der Radarbilder abschätzen. Wir schauen, wie viel Wasser die Gewitterzelle enthält und wie schnell sie sich bewegt“, sagt Engelmann.

Stehen Gewitter still, können rasch große Regenmengen auf ein und dieselbe Stelle nieder gehen.

Gewitter entstehen, wenn feucht-warme Luftmassen aufsteigen und abkühlen. Die Luft kann das mitgeführte Wasser nicht mehr halten, es entstehen Tröpfchen und es bilden sich Quellwolken. Je höher der Temperaturunterschied zwischen warmen und kalten Luftmassen, je schneller der Aufstieg der feucht-warmen Luft und je größer der Wassernachschub aus den Luftmassen um die Zelle herum, desto heftiger das Gewitter.

Trotzdem ist auch eine amtliche Warnung noch keine Unwetter-Garantie. Hierzu Engelmann: „Wir warnen auf Gemeindeebene. Besteht die Warnung für eine sehr große Gemeinde wie beispielsweise Zerbst, kann es sein, dass in manchen Teilen der Ortschaft nichts ankommt.“ Warne der DWD zum Beispiel vor Unwettern in der kleinen Gemeinde Kabelsketal im Saalekreis, bekämen dagegen alle etwas ab, so der Meteorologe.

Keine Panikmache, sondern publizistische Pflicht

„Ich weiß, dass die Menschen enttäuscht sind, wenn Unwetterwarnungen im Sande verlaufen, weil viele auf Regen warten. Starkregen sind für die Natur aber gar nicht hilfreich. Wer von schweren Gewittern verschont bleibt, sollte sich daher freuen“, betont Florian Engelmann.

Gewitter und Unwetter sind nicht so präzise wie von vielen gewünscht vorherzusagen. Warnungen dennoch immer wieder zu publizieren, ist aber trotzdem sinnvoll. Denn im Zweifelsfall gilt: Lieber einmal zuviel als einmal zuwenig gewarnt. (mz)