Kommentar zu Andreas N. Ein ungutes Gefühl bleibt zurück
Unerwartet früh darf der Koks-Arzt von Halberstadt zurück in die Gesellschaft. Das wirft Fragen auf.

Magdeburg/MZ - Es war ein perfides, abscheuliches Verbrechen, das den promovierten Arzt Andreas N. vor Gericht brachte. Beim Sex verabreichte er seinem Opfer, einer früheren Patientin, eine tödliche Überdosis Kokain. Schon jahrelang hatte er verschiedene Frauen mit Drogen gefügig gemacht.
Ein Arzt, der seine sexuellen Gelüste über die Gesundheit seiner Partnerinnen stellt – dieser Fall erregte weit über Deutschland hinaus Aufsehen. Dass Andreas N. jetzt, trotz angeordneter Sicherungsverwahrung, zumindest zeitweise in Freiheit lebt, dürfte die Opfer und deren Angehörige bestürzen.
Sicherungsverwahrung soll die Allgemeinheit schützen
Wenn ein Gericht für die Zeit nach dem Absolvieren der Haftstrafe noch eine Sicherungsverwahrung anordnet, gibt es dafür ernste Gründe. Es geht dann nicht mehr um Bestrafung, sondern nur noch um den Schutz der Öffentlichkeit vor einem andauernd gefährlichen Menschen. Andreas N. fiel 2019, beim Verkünden des Urteils, in diese Kategorie.
Da ist es schwer verständlich, wenn dem Mann sechs Jahre später schon wieder wieder erste Schritte in die Freiheit genehmigt werden – und das, obwohl die Sicherungsverwahrung noch gar nicht aufgehoben ist. Für Außenstehende wirkt es, als ob für Verurteilte die üblichen Regeln nicht gelten, sobald sie wegen einer Drogenabhängigkeit oder wegen psychischer Probleme in den Maßregelvollzug kommen.
Maßregelvollzug lebt nach eigenen Regeln
Das ist nicht der Staatsanwaltschaft anzulasten. Diese dürfte den Fall, auch durch Gutachten, gründlich geprüft haben. Es ist das Gesetz, das die Türen des Maßregelvollzugs ganz bewusst durchlässig macht. Die Signale des Staates sind hier jedenfalls widersprüchlich: Zwar verspricht das Urteil harte Maßnahmen zum Schutz der Allgemeinheit. In der Praxis ist dann aber alles deutlich weniger strikt.
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Man hofft, dass Andreas N. seine Sucht überwunden hat und geläutert ein neues Leben beginnt. Ein ungutes Gefühl bleibt allerdings zurück.