Ein Minister tut Buße Ein Minister tut Buße: Stahlknecht nennt Personalie Wendt "Fehler von mir"

Magdeburg - Schulterklopfen, Armtätscheln, Umarmung: Holger Stahlknecht geht auf seine schärfsten Kritiker demonstrativ herzlich zu. Die Kameras klicken, der Innenminister und CDU-Landeschef pflügt durch den Saal. Etliche der so warmherzig Begrüßten sind fest entschlossen, Stahlknecht an diesem Tag aus dem Amt zu kegeln. Doch zunächst heißt es: lächeln.
Fast drei Stunden berät die CDU-Fraktion hinter geschlossener Tür über die gescheiterte Ernennung des Polizeigewerkschafters Rainer Wendt zum Innen-Staatssekretär. Dann öffnet sich ein Spalt. Zu sehen ist Fraktionsgeschäftsführer Steffen Eckold, der Stimmzettel austeilt. Das bedeutet: Es wird ernst. Die Vertrauensfrage ist gestellt, jetzt muss die Abstimmung zeigen, ob der Minister noch eine Mehrheit hat.
Nach Stunden kommt Beifall: Knappe Mehrheit für Stahlknecht
Die Tür schließt sich, die Minuten verrinnen. Dann ist Beifall zu hören, wenn auch kein besonders kräftiger. Wenig später verkündet Fraktionschef Siegfried Borgwardt der wartenden Presse: „Die Mehrheit hat dem Innenminister das Vertrauen ausgesprochen.“ Es ist allerdings eine knappe Mehrheit, wie Teilnehmer nur wenig später berichten. 16 CDU-Abgeordnete haben für Stahlknecht gestimmt, 13 gegen ihn, einer hat sich enthalten. Die Fraktion ist tief gespalten.
Stahlknecht beantwortet keine Fragen, er verliest nur ein knappes Statement. Er habe der Fraktion dargelegt, „dass uns Umstände zu spät bekannt und bewusst geworden sind, die einer Ernennung von Herrn Wendt zum Staatssekretär aus rechtlichen Gründen entgegenstanden“, sagt Stahlknecht.
Dann übernimmt er die Verantwortung: „Die Sache Wendt war, auch wenn andere daran mitbeteiligt waren an der Entscheidungsfindung, eine Entscheidung, ein Fehler von mir.“
Unmut über Fall Wendt richtet sich nur gegen Stahlknecht
Mit jenen „Mitbeteiligten“, die Stahlknecht nicht nennt, dürfte vor allem Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) gemeint sein. Der Regierungschef hatte Wendt in der vergangenen Woche persönlich gebeten, den Posten in Sachsen-Anhalt anzutreten. In der Fraktionssitzung spielte das nach Teilnehmeraussagen keine Rolle: Der Unmut richtet sich gegen Stahlknecht.
Abgeordnete beschwerten sich über die fehlende Kommunikation: Sowohl die geplante Ernennung als auch die Absage an Wendt hätten sie aus den Medien erfahren. Stahlknecht verspricht, künftig transparent zu agieren. „Er hat sich entschuldigt“, sagt ein Abgeordneter, „das hätte ich nicht erwartet und das rechne ich ihm hoch an.“
Fraktionschef Borgwardt sieht in der überhasteten Verkündung der Personalie den entscheidenden Fehler. Tatsächlich hatte niemand überprüft, ob Wendt den Posten überhaupt hätte antreten dürfen. Nach Einschätzung von Experten war das rechtlich ausgeschlossen: Die Polizei von Nordrhein-Westfalen hatte gegen Wendt wegen nicht angegebener Nebeneinkünfte eine Disziplinarstrafe verhängt, die Pension ist seither gekürzt.
„Ohne die Personalakte zu sehen hätte ich nie eine Entscheidung verkündet“, kritisiert Fraktionschef Borgwardt vor der Presse. Das habe er dem Minister auch gesagt. Dieser weist allerdings auch seinem Beinahe-Staatssekretär eine Mitschuld zu. Wendt habe ihn „nicht richtig informiert“. Der Gewerkschafter hingegen beteuert, die laufende Disziplinarstrafe wäre kein Hindernis für den Posten gewesen.
Posten des Staatssekretärsbleibt unbesetzt: Es droht ein leerer Platz
Weiterhin ungeklärt ist, wer den demnächst vakanten Staatssekretärsposten übernehmen wird. Amtsinhaberin Tamara Zie-schang (CDU) möchte in gleicher Funktion ins Bundesverkehrsministerium unter Andreas Scheuer (CSU) wechseln. Dort soll sie eine entscheidende Schaltstelle besetzen: Digitalisierung, Mobilität und auch die Pkw-Maut werden zu ihrem Geschäft gehören.
Die formale Zustimmung der Bundesregierung zu Zieschangs Ernennung soll in der kommenden Woche erfolgen. Die Versetzung könnte dann zum 9. Dezember erfolgen. Ihr bisheriger Platz als Chefin der Verwaltung im Magdeburger Innenministerium wäre dann unbesetzt.
Am Freitagabend sprachen in Ebendorf (Börde) von 20 Mitgliedern des CDU-Landesvorstands zwölf ihrem Vorsitzenden das Vertrauen aus, acht stimmten gegen ihn. „Das ist ein ehrliches Ergebnis“, sagte Stahlknecht. Er forderte seine Partei auf, künftig nach außen geschlossen aufzutreten. Aus der Partei kolportierte Beleidigungen müssten aufhören. (mz)