1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Sachsen-Anhalt
  6. >
  7. Drogen an Schulen: Drogen an Schulen in Sachsen-Anhalt: Mal Hofpause, mal Hanfpause

Drogen an Schulen Drogen an Schulen in Sachsen-Anhalt: Mal Hofpause, mal Hanfpause

Von Jan Schumann 24.01.2017, 07:00
Immer mehr Schüler rauchen Joints in der Schule.
Immer mehr Schüler rauchen Joints in der Schule. dpa

Magdeburg - Der erste Joint auf dem Schulhof, die erste Ecstasy-Pille auf der Klassenfahrt: Für viele Jugendliche ist die Schulzeit auch die Phase, in der sie erstmals mit Drogen in Kontakt geraten. Zwar ist das nicht neu - der teils enorme Anstieg der aufgeflogenen Rauschgiftdelikte an Deutschlands Schulen hingegen schon.

Das gilt auch für Sachsen-Anhalt, wo sich die Zahl der Straftaten beinahe verdreifachte - wenn auch auf vergleichsweise niedrigerem Niveau. So kletterten die Fallzahlen von 42 im Jahr 2011 auf 109 im Jahr 2015. Klare Nummer eins unter den illegalen Drogen: Cannabis und seine Variationen.

Sachsen-Anhalt liegt damit an der Spitze einer deutschlandweiten Entwicklung, die sich aus neuen Zahlen der Innenministerien und Landeskriminalämter ergibt. Große Sprünge gab es demnach auch in Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Sachsen. Als zentralen Grund für den auffälligen Anstieg sieht die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler (CSU), eine „gesellschaftliche Verharmlosung von Cannabis“.

Nicht alle Experten teilen diese Einschätzung, darunter Helga Meeßen-Hühne, Chefin der Landesstelle für Suchtfragen in Sachsen-Anhalt. „Wir haben keine Kenntnisse darüber, ob der Konsum der jungen Erwachsenen tatsächlich ansteigt“, sagte Meeßen-Hühne. „Die neuen Zahlen weisen lediglich auf eine stärkere Ermittlungstätigkeit der Polizei hin.“

Zum anderen könne sie eine Verharmlosung nicht erkennen. „Sie werden in der Präventionsarbeit niemals die Einschätzungen hören, dass Marihuana eine harmlose Droge ist.“ Sie sei aber auch nicht der programmierte Einstieg in die Heroinabhängigkeit. Die Präventionsexpertin ist viel mehr der Ansicht, dass Jugendliche der Droge mittlerweile „mit mehr Sachkenntnis“ als in der Vergangenheit begegnen.

In Sachsen-Anhalt ist Cannabis mit Abstand die  Nummer-Eins-Droge an Schulen

Tatsächlich machte Cannabis im Jahr 2015 rund 70 Prozent aller Drogendelikte an Sachsen-Anhalts Schulen und Bildungseinrichtungen aus. Amphetamine, zu denen etwa das Aufputschmittel Ecstasy und Crystal Meth gehören, folgten mit 14 Prozent. Laut den Zahlen des Sozialministeriums spielte Kokain mit zwei Prozent beinahe keine Rolle, Heroin kommt in der Statistik nicht vor. Bei den gezählten Straftaten handelt es sich meist um Drogenbesitz und -handel, die Täter waren in der Regel älter als 14 Jahre.

Das Innenministerium Bayern erklärte die neuen Zahlen damit, dass „die Verfügbarkeit über das Internet und das Darknet“ gestiegen sei. Experten wie Eva Hoch, Wissenschaftlerin an der Ludwig-Maximilians-Universität München, erkennen die bundesweiten Bemühungen zur Präventionsarbeit an den Schulen durchaus an. „Aber ob das alles nachhaltig und wirksam ist, dahinter steht ein großes Fragezeichen.“ Sie untersucht Cannabis-Präventionsprojekte an Schulen. So sei zum Beispiel unklar, ob die Risiko-Bereitschaft zum Konsum nach der Thematisierung in der Schule steige. Die Kultusministerkonferenz hatte die Gesundheitsförderung und Prävention 2012 als integralen Bestandteil der Schulentwicklung festgeschrieben.

Drogen an Schulen in Sachsen-Anhalt

In Sachsen-Anhalt hat sich die Zahl der Betäubungsmittel-Delikte an Schulen fast verdreifacht - von 42 Fällen im Jahr 2011 auf 109 Fälle im Jahr 2015. Die Zahl der ermittelten Tatverdächtigen liegt nur knapp darunter.

Auch in Sachsen und Thüringen wird das Thema Drogen an Schulen akuter. 69 Fällen im Jahr 2011 in Sachsen stehen 128 Fälle im Jahr 2015 gegenüber. Das zuständige sächsische Landeskriminalamt berichtet von zehn Crystal-Meth-Fällen. In Thüringen haben sich die Fälle von Drogenkriminalität von 2011 auf 2015 auf 80 verdoppelt.

Auch in anderen Ländern haben sich die Zahlen verdoppelt oder verdreifacht wie in Baden-Württemberg. Hier stieg die Zahl der Fälle in vier Jahren von 348 (2011) auf 939 (2015).

(mz mit dpa)