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Digitalisierung Diese Jobs sind in Sachsen-Anhalt vom Aussterben bedroht

Laut Arbeitsagentur kann Technik die Hälfte aller menschlichen Tätigkeiten bei Firmen in Sachsen-Anhalt  ersetzen. Welche Berufe gefährdet sind und welche nicht.

Von Steffen Höhne Aktualisiert: 15.10.2021, 17:26
Amazon hat schon 2020 in den USA den ersten Supermarkt eröffnet, der ohne herkömmliche Kassen auskommt.
Amazon hat schon 2020 in den USA den ersten Supermarkt eröffnet, der ohne herkömmliche Kassen auskommt. Ted S. Warren/AP/dpa

Halle/MZ - Die Supermarktketten Rewe und Edeka testen automatisierte Kassen, der Online-Händler Amazon setzt Roboter im Lager ein und das Onlinebanking ersetzt schon heute vielfach den Bankschalter: Durch Technik wird  menschliche Arbeit ersetzt. Wie stark die Veränderungen sein können, hat die Arbeitsagentur Sachsen-Anhalt analysieren lassen: Rund die Hälfte aller Tätigkeiten (50,6 Prozent) der in Sachsen-Anhalt ausgeübten Berufe kann  durch Computer, computergesteuerte Maschinen und Algorithmen erledigt werden, heißt es in einer aktuellen Studie  des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Im Jahr 2013 lag der Wert erst bei  38,7 Prozent. „Die fortschreitende Digitalisierung verändert die Berufe. Immer mehr Tätigkeiten werden ersetzbar“, schreibt Per Kropp, einer der Studienautoren.

Berufe mit manuellen, sich stets wiederholenden Tätigkeiten gefährdet

Kein Beruf ist vollständig durch Technik ersetzbar. Die Forscher haben sich daher angeschaut, wie viel Prozent der Tätigkeiten ersetzbar wären. Beim Berufsbild Koch können demnach sechs der 14 Kerntätigkeiten auch durch Technik erledigt werden. So lässt sich das Kochen einer Suppe kaum automatisieren, der Einkauf der Waren und die Annahme aber schon. Das heißt: Das sogenannte Substituierbarkeitspotenzial liegt bei 43 Prozent. Ab Werten von 70 Prozent gilt es als wahrscheinlich, dass   die Arbeitsplätze bedroht sind. Gefährdet sind laut IAB-Studie vor allem Berufe mit manuellen, sich stets wiederholenden Tätigkeiten.

 Demnach sind Jobs beispielsweise in der Buchhaltung, in Sekretariaten, im Handel, in Logistiklagern und einige Fertigungsberufen in der Industrie sehr einfach zu automatisieren. Relativ sicher sind dagegen soziale und medizinische Berufe, in denen der Umgang mit Menschen im Vordergrund steht. Handwerkliche Berufe mit einem breiten Aufgabenspektrum sind kaum automatisierbar, genauso wie kreative  Tätigkeiten und  Management.

Digitale Kassensysteme kommen

 „Wir nehmen die Entwicklung sehr ernst“, sagt Jörg Lauenroth-Mago, Fachbereichsleiter Handel bei Verdi Mitteldeutschland. Nach Angaben des Gewerkschafters erproben Rewe und Edeka aktuell digitale Kassensysteme, die ohne Kassierer auskommen. „Man checkt in den Supermarkt ein, nimmt sich die Produkte und beim Hinausgehen wird die Rechnung vom Konto abgebucht“, erläutert Lauenroth-Mago die Tests. „Diesen technischen Wandel werden wir nicht aufhalten können, aber steuern“, so der Gewerkschafter. So würden Kunden beim Einkauf sicher immer auch eine gewisse Beratung wünschen. „Bei der Ausbildung müssen wir neue Berufsbilder anbieten, denn jemand muss auch die automatisierten Märkte steuern.“

Den technischen Wandel werden wir nicht aufhalten können.

Jörg Lauenroth-Mago, Handelsexperte der Gewerkschaft Verdi

Ähnlich sieht es der Geschäftsführer der Landesarbeitsagentur, Markus Behrens: „Es kommt für Unternehmen  darauf an, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die weitere Entwicklung fit zu machen.“ Die IAB-Studie prognostiziert nicht, wie viele Jobs tatsächlich verloren gehen werden. „Kosten, juristische Erwägungen oder ethische Gründe führen dazu, dass Arbeitgeber das Digitalisierungspotenzial nicht voll ausnutzen“, sagt Studienautor Kropp. Zudem würden neue Tätigkeiten und Berufe entstehen.

Spaltung auf dem Arbeitsmarkt

Sachsen-Anhalts Arbeitgeberpräsident und IT-Unternehmer Marco Langhof fordert von der Landesregierung, darauf zu reagieren: „Die Förderung und Ansiedlung von Callcentern und Logistikcentern ist  nicht mehr zielführend, da dort Jobs eher bedroht sind“, sagt Langhof. Er warnt   vor einer Spaltung am Arbeitsmarkt: „Wir befinden uns bereits in einer Situation, in der Spezialisten und Facharbeiter gesucht werden und  gering qualifizierte Arbeitnehmer keinen Job finden“, so  der Unternehmer.  Durch Aus- und Weiterbildung könne dem aber entgegengewirkt werden.