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Blaue Plakette gefordert Blaue Plakette gefordert: Chefin des Umweltbundesamtes auf Konfrontationskurs

Von Ralf Böhme 18.09.2016, 18:01
Der qualmende Auspuff eines Dieselfahrzeugs
Der qualmende Auspuff eines Dieselfahrzeugs dpa-Zentralbild

Dessau-Rosslau - Dieser Vorstoß aus dem Umweltbundesamt (UBA) in Dessau-Roßlau dürfte im politischen Berlin für heftige Diskussionen sorgen: Die Präsidentin der in Sachsen-Anhalt ansässigen obersten Bundesbehörde für Umweltfragen, Maria Krautzberger, hat sich gegenüber der MZ ungewöhnlich vehement für die Einführung einer blauen Umwelt-Plakette  an Kraftfahrzeugen ausgesprochen.
Mit ihrem Vorstoß   begibt sich die  einflussreiche Beraterin der  Bundesregierung   - auch für viele Experten überraschend - auf offenen Konfrontationskurs. Das Bundesumweltministerium hatte entsprechende Pläne nämlich bereits vor Monaten zu den Akten gelegt.  Und auch Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) konnte der Idee   nichts abgewinnen. Auch viele Bundesländer, darunter Sachsen-Anhalt, reagierten zunächst skeptisch auf das neue Pickerl.

Blaue Plakette für umweltfreundliche Dieselfahrzeuge

Letzter Stand: Eine Arbeitsgruppe der Länderverkehrsminister soll nach Alternativen suchen. Gedacht ist die blaue Plakette, um umweltfreundliche Dieselfahrzeuge zu kennzeichnen.  Nur Autos mit diesem Signet dürften  auch künftig die ausgewiesenen Umweltzonen der großen Städte wie Halle und Leipzig befahren. Alle anderen jedoch, die zu viel Stickoxid ausstoßen, müssten  dann  draußen bleiben.

Nutznießer der Plaketten-Initiative sind nach Auffassung von Krautzberger die Bürger in Stadtteilen mit viel Verkehr und entsprechend dicker Luft. „Die blaue Plakette kann   eine zügige Entlastung bringen.“ Mit einer bundeseinheitlichen Verordnung über das Pickerl bekämen die  Kommunen, die ihre Schadstoffbelastung weiter senken müssten, ein praktikables  Instrument an die Hand. Generelle Diesel-Fahrverbote in ausgewählten Straßenabschnitten oder  gerichtliche Einzelfallentscheidungen würden aus ihrer Sicht das  Problem der Luftreinhaltung nicht  lösen können.  Stattdessen will  Krautzberger viel weitergehen.

Aufhebung des Steuervorteils auf Diesel-Kraftstoff gefordert

Die UBA-Präsidentin  wirbt  für eine  Aufhebung des Steuervorteils auf Diesel-Kraftstoff. Im Vergleich zu Benzin liege da die Energiesteuer um 18,8 Prozent niedriger. So entgingen dem Staat jährlich rund 7,5 Milliarden Euro an möglichen Einnahmen, obwohl    Diesel-Fahrzeuge  offenkundig keinen relevanten Beitrag zum Umweltschutz  lieferten. Der Auto-Industrie schreibt Krautzberger ins Stammbuch, endlich Elektromobile für jedermann auf den Markt zu bringen. Das wäre ein   Beitrag, um die Klimaziele   bis 2050 zu erreichen.

Anlass zu Krautzbergers  aktueller Stellungnahme ist ein neues Gerichtsurteil. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf betont darin, es bestehe eine staatliche Schutzpflicht für Leben und Gesundheit der Bürger - auch vor schlechter Luft. Die Deutschen Umwelthilfe (DUH) sieht sich mit ihrer Klage bestätigt und spricht  von einem „bahnbrechenden Urteil“, das Folgen auch für andere Städte mit dauerhaft zu viel Stickstoffdioxid in der Luft habe.

Die Organisation klagt nach eigenen Angaben in 15 ähnlichen Verfahren bundesweit.  Hintergrund ist ein bundesweites Monitoring. Danach fallen   die Messergebnisse in rund 80 deutschen Städten viel zu hoch aus,  gesetzliche Grenzwerte werden  teils deutlich überschritten.  In ganz Deutschland sollen nach amtlichen Angaben rund 400 000 Menschen direkt von schädlichem Stickoxid-Ausstoß betroffen sein. Das kann beträchtliche gesundheitliche Beschwerden auslösen. (mz)