Elektromobilität Aus für Batteriefabrik: 600-Millionen-Investition in Bitterfeld ist gescheitert
Das Unternehmen Farasis wollte in Bitterfeld-Wolfen im großen Stil Akkus für E-Autos produzieren. Warum die Großinvestition scheiterte und was nun auf dem Areal passieren soll.

Bitterfeld/Wolfen/MZ - Der Bau einer großen Batteriefabrik in Bitterfeld-Wolfen ist geplatzt: Das chinesische Unternehmen Farasis teilte auf MZ-Anfrage mit, dass „wir die Konkretisierung unserer Pläne für den Standort Bitterfeld-Wolfen vorläufig zurückgestellt haben“. Oberbürgermeister Armin Schenk (CDU) spricht Klartext: „So wie geplant wird die Batteriefabrik nicht kommen, wir arbeiten zusammen mit Farasis an Alternativen.“
Vor zwei Jahren hatte der Batteriehersteller bekannt gegeben, im sogenannten Solar Valley eine 16-Gigawatt-Fabrik für Batteriezellen aufbauen zu wollen. Im ersten Schritt war eine Investition von 600 Millionen Euro geplant, durch die 600 Arbeitsplätze entstehen sollten. Weitere Ausbaustufen waren vorgesehen. Von Bitterfeld aus wollte Farasis unter anderem den Autobauer Mercedes-Benz beliefern.
Farasis baut Batteriefabrik in der Türkei
In den vergangenen Monaten war bereits sichtbar, dass die Pläne stocken. Zunächst gab es Medienberichte, dass Mercedes unzufrieden mit der Leistung der bisher in China produzierten Prototyp-Batteriezellen sei. Ende 2021 gab Farasis dann eine Kooperation mit der türkischen Firma Togg bekannt, die in diesem Jahr ein Elektro-Auto auf den Markt bringen will. Zusammen wollen sie eine Batteriefertigung aufbauen, die auch andere Autohersteller beliefern soll. „Das Gemeinschaftsunternehmen wird Zellen und Module für Farasis Energy Europe liefern“, sagte eine Firmensprecherin der MZ. Kurz: Nicht in Bitterfeld-Wolfen, sondern im türkischen Bilisim Vadisi wird die europäische Batteriefabrik stehen. Bisher verfügt Farasis über zwei Werke in China, ein drittes ist dort im Aufbau.
Für die Stadt Bitterfeld-Wolfen ist der Rückzug ein herber Rückschlag: Die Region wollte ein Zentrum für die Batterietechnologie werden. In der vergangenen Woche war im Chemiepark Bitterfeld-Wolfen der Spatenstich für eine Lithium-Fabrik erfolgt. Lithium ist der Ausgangsrohstoff für die Batteriefertigung. Zudem sollte auch ein Recyclingcenter für Batterien entstehen.
Bitterfelder OB will keine Logistikcenter auf dem Areal
Trotz des Rückzugs setzt Oberbürgermeister Schenk weiter auf das Thema Batterien. „Der Markt entwickelt sich dynamisch. Hier können sich auch andere Unternehmen aus der Branche ansiedeln“, so Schenk. Bereits Anfang Mai hat die Stadt den sogenannten städtebaulichen Vertrag mit Farasis gelöst. Dieser sah für das 60 Hektar große Areal (84 Fußballfelder), das Farasis bereits gehört, eine Batteriefabrik vor. „Durch die Lösung des Vertrages sind nun auch andere Investitionen möglich“, erläutert Schenk. Die Stadt werde aber darauf achten, dass die Flächen Technologiefirmen vorbehalten bleiben. „Ein Logistikzentrum kommt dort nicht hin“, sagt Schenk. Die Stadt ist bereits in Verhandlungen mit Farasis, so könnte eine kleinere Batteriemodulfabrik entstehen oder Farasis-Zulieferer könnten sich ansiedeln.
Der Automobil-Experte Ferdinand Dudenhöffer, Direktor des Centers Automotive Research in Duisburg, rät Bitterfeld-Wolfen, an dem Thema dran zu bleiben: Aktuell bauen laut Dudenhöffer unter anderem Volkswagen in Salzgitter (Niedersachsen), Tesla in Grünheide (Brandenburg) und das chinesische Unternehmen Catl in Erfurt (Thüringen) große Batteriewerke in Deutschland auf. „Kurzfristig wird der Bedarf jedoch höher als das Angebot sein“, sagt Dudenhöffer. Es gebe noch Bedarf für weitere. Die Werke seien hochautomatisiert, so dass eine Produktion in Deutschland wettbewerbsfähig möglich ist. Fast alle deutschen Fahrzeug-Hersteller haben bereits E-Autos auf den Markt gebracht. Nach dem Jahr 2030 sollen diese das Gros der Neuzulassungen ausmachen.