Nur jeder Zehnte im Job Arbeitsmarkt Sachsen-Anhalt: Viele Flüchtlinge ohne Job

Halle (Saale) - Die Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt Sachsen-Anhalts dauert laut Arbeitsagentur deutlich länger als erwartet. „Bisher hat etwa erst jeder zehnte Migrant aus Asylherkunftsländern einen festen Arbeitsplatz“, sagt der Chef der Landesarbeitsagentur, Kay Senius.
Im August 2017 waren danach 13.585 arbeitssuchende Geflüchtete gemeldet, dem gegenüber standen 1.538 Flüchtlinge (letzter Stand April) mit einem sozialversicherungspflichtigen Job. Das geht aus einem erstmals von der Landesarbeitsagentur erstellten Bericht zur Flüchtlingsmigration hervor, der der MZ vorliegt.
Problem: Geflüchtete wollen arbeiten, dürfen aber nicht
Senius ist dennoch zuversichtlich, dass viele Syrer oder Afghanen in der nächsten Zeit einen Job finden. Denn viele, die arbeiten wollten, dürften noch nicht. „Mehr als die Hälfte der Geflüchteten befindet sich noch in Sprachkursen oder Schulungsmaßnahmen. Sie können derzeit nicht vermittelt werden“, erklärt Senius. Vor allem die Weiterbildungen nähmen viel Zeit in Anspruch.
Als arbeitslos sind 5.100 Flüchtlinge gemeldet. Zwei Drittel von ihnen sind jünger als 35 Jahre. Sie suchen vor allem Beschäftigung als Koch oder Küchenhilfe (420), in der Lagerei und Logistik (370), in der Reinigung (300) oder im Verkauf (260). Nach Einschätzung der Arbeitsagentur haben 63 Prozent der geflüchteten Menschen das Tätigkeitsniveau von Helfern, nur 25 Prozent von Facharbeitern und Spezialisten.
Doch gerade Mitarbeiter für einfache Tätigkeiten werden derzeit vom Handel, im Reinigungsgewerbe und in der Gastronomie gesucht. In diesen Bereichen gibt es in Sachsen-Anhalt mehr als 5.000 offene Stellen.
Bäckerei Wendl in Halle hat drei Syrer eingestellt
Die Bäckerei Wendl, die auch Verkaufsstellen in Halle betreibt, hat inzwischen drei Syrer eingestellt. „Die machen einen guten Job. Ein junger Mann aus Aleppo arbeitet im Verkauf und spricht schon super Deutsch“, sagt Firmenchef Udo Wendl. Dennoch seien die Erfahrungen durchwachsen. „Einige Flüchtlinge, die wir eingestellt hatten, sind öfters nicht zur Nachtschicht erschienen oder haben nach einer Woche hingeschmissen“, so Wendl.
Für bundesweite Schlagzeilen sorgte Anfang 2017 das Bauunternehmen Papenburg in Halle. Von 77 Geflüchteten, die 2016 eine Qualifizierung begonnen hatten, blieb nur noch einer übrig. Das Problem: Die Arbeit war als Praktikum ausgewiesen. Viele Syrer mussten in Sprachkurse wechseln oder suchten sich in westdeutschen Ballungszentren einen voll bezahlten Job.
Jobs für Flüchtlinge scheitern oft an Deutschkenntnissen
Der Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Halle, Dirk Neumann, sieht fehlende Sprachkenntnisse als größte Herausforderung: „Ob Ausbildung, Praktikum oder Arbeit - Grundvoraussetzung ist das ausreichend gute Beherrschen der deutschen Sprache.“ Aus den sogenannten Hauptfluchtländern seien derzeit 44 junge Frauen und Männer in einer Berufsausbildung. Vergleicht man dies mit der Zahl der Migranten wird deutlich, wie weit der Weg ist, aus Flüchtlingen Fachkräfte zu machen. Doch ohne Zuzug steuert das Land auf einen akuten Fachkräftemangel zu. Laut Wissenschaftlern des Zentrums für Sozialforschung Halle werden bis 2020 etwa 78 000 Fachkräfte benötigt
Landes-Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) hält angesichts des Mangels ein Einwanderungsgesetz für nötig. „Wir sind in einer Situation, in der wir einen erheblichen Fachkräftemangel haben. Und wir brauchen eben nicht nur Fachkräfte aus der EU, sondern auch aus Drittstaaten.“ Grundlage einer solchen Einwanderung müssten laut Stahlknecht Deutschkenntnisse sein - „das ist für mich unabdingbar“ - und ein Arbeitsvertrag. „Ich hoffe, dass das die neue Bundesregierung umsetzt.“ Aus den Sondierungsgesprächen zwischen Union, FDP und Grünen kommen Signale für ein solches Gesetz. (mz)
