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Anreize fehlen Anreize fehlen: Die Nachwuchssorgen des SEK in Sachsen-Anhalt

Von Jan Schumann 30.01.2018, 20:00
Das SEK ist die Spezialtruppe der Polizei für die besonders gefährlichen Einsätze. Die Anforderungen an die Beamten sind hoch, die Nachwuchsgewinnung schwer - auch, weil Anreize fehlen.
Das SEK ist die Spezialtruppe der Polizei für die besonders gefährlichen Einsätze. Die Anforderungen an die Beamten sind hoch, die Nachwuchsgewinnung schwer - auch, weil Anreize fehlen. dpa-Zentralbild

Halle (Saale) - Der Ausbau des Spezialeinsatzkommandos (SEK) der Polizei in Sachsen-Anhalt stockt wegen Nachwuchsmangels. Die Spezialeinheit übernimmt besonders gefährliche Polizeieinsätze, bei denen etwa mit Schusswaffen-Gebrauch gerechnet wird.

Sie wird seit Jahren verstärkt angefordert. Deshalb - und aufgrund der laut Innenministerium latenten Terrorgefahr - soll das SEK nun ausgebaut werden: Die aktuell 50 bis 60 Mann starke Elitetruppe soll auf 70 Beamte aufgestockt werden, sagte Jürgen Schmökel, Chef des Landeskriminalamtes (LKA).

LKA will gezielter um Nachwuchs in Sachsen-Anhalt werben

Doch fähige Bewerber für die anspruchsvolle Sicherheitsaufgabe sind rar. „Die Anforderungen sind nicht nur im physischen, sondern auch im mental-psychologischen Bereich groß“, sagte Schmökel. Abstriche seien nicht möglich. „Es geht um eine Spezialeinheit, die in schwierigen Situationen besonnen und souverän handeln können muss.“

Zur 28-wöchigen Ausbildung gehören anspruchsvolle Schießprüfungen. „Damit haben Bewerber häufig Probleme“, sagte Hagen Kohl, Chef des Innenausschusses im Landtag und Abgeordneter der AfD.

„Zudem ist das Training sehr einsatznah, Verletzungen sind vergleichsweise häufig“, so der Ex-LKA-Sachbearbeiter. So wird das Überwältigen bewaffneter Personen trainiert. Auch Schwimmen in der Ostsee, Ausdauermärsche auf dem Brocken und das Abseilen aus einem Hubschrauber gehören zum Training.

„Der überwiegende Teil der Bewerber scheitert an körperlichen und konditionellen Voraussetzungen oder den Leistungen beim Schießen“, sagte Ministeriumssprecher Danilo Weiser der MZ. Zudem könnten Bewerber den Lehrgang teils aufgrund von Verletzungen nicht beenden.

Exemplarisch für das harte Auswahlverfahren war das Jahr 2017: Aus ursprünglich 20 interessierten Polizisten wurden zehn Bewerber, von denen fünf die Tests bestanden. Gleichzeitig stiegen vier SEK-Beamte aus. Zwei davon, weil sie ihre berufliche Zukunft woanders sahen.

Zwar unterstützen Innenpolitiker und Gewerkschaften die Bemühungen zum Aufstocken - sie sehen aber gleichzeitig Probleme. „Der allgemeine Personalmangel der Polizei erschwert die Lage bei den Spezialeinheiten noch“, erklärte Uwe Petermann, Landeschef der Gewerkschaft der Polizei.

„In den Polizeidirektionen sind sie aktuell natürlich nicht begeistert, dass ihre besten Leute abgezogen werden.“ Da für SEK-Beamte mit 50 Jahren Schluss in der Einheit ist, finde ohnehin ein ständiger Austausch statt.

Zahl der SEK-Einsätze in Sachsen-Anhalt gestiegen

In Anbetracht der potenziellen Terrorgefahr sei die Aufstockung des SEK aber sinnvoll, sagte der Polizei-Gewerkschafter. Kohl ergänzte, „die Problematik bewaffneter Reichsbürger ist in den letzten Jahren hinzugekommen“. 2017 wurde das SEK zu 134 Einsätzen angefordert, der höchste Wert seit Jahren.

Darunter 36 Mal wegen Verstößen gegen das Waffengesetz. Auch das Grundstück des bewaffneten Reichsbürgers Adrian Ursache im Burgenlandkreis war 2016 vom SEK gestürmt worden.
LKA-Direktor Schmökel will den Nachwuchs nun mit finanziellen Anreizen wie Zuschüssen zur Lebensversicherung oder der Anrechnung auf die Lebensarbeitszeit gewinnen.

AfD-Mann Kohl brachte eine Verdoppelung der Monats-Zulage für SEK-Beamte ins Spiel (derzeit 225 Euro). Zudem müssten regelmäßig Erholungsmaßnahmen möglich sein. Das Ministerium teilte mit, es prüfe die Zulagen regelmäßig und beobachte die Praxis anderer Länder. (mz)