Kein Anschluss A14-Nordverlängerung: Ab Juni wird zwischen Colbitz und Tangerhütte gebaut

Magdeburg - Beim Dämmstoffhersteller Austrotherm in Nordbrandenburg liegt das Glück ganz nahe: Direkt hinter dem Firmengelände in einem Gewerbegebiet in Wittenberge könnten Laster mit Dämmstoffen gleich auf die Autobahn fahren. Könnten, muss seit Jahren gesagt werden.
Bis zum Jahresende wird die Autobahnverbindung von der Ostsee zwar bis zur Brandenburger Landesgrenze fertiggestellt sein. Doch auf Brandenburger Seite ist erst ein 11,3 Kilometer Abschnitt der vorgesehenen A14-Nordverlängerung von Magdeburg über Wittenberge nach Schwerin frei. Insgesamt soll die Verkehrsverbindung durch drei Länder über vier Streifen auf 156 Kilometern gebaut werden.
A14-Nordverlängerung in Sachsen-Anhalt: Zwischen Colbitz und Tangerhütte sollen im Juni die Bauarbeiten beginnen
In Mecklenburg-Vorpommern können bisher 14 Kilometer vom Anschluss an die A24 bis nach Grabow befahren werden. Bis Jahresende soll nach Angaben des Schweriner Verkehrsministeriums ein weiteres, 12 Kilometer langes Stück von Grabow bis zur Anschlussstelle Groß Warnow folgen. Das liegt bereits in Brandenburg.
Auch im Norden Sachsen-Anhalts kommt der Ausbau nur in kleinen Schritten voran. Für die Mehrzahl der acht Abschnitte zwischen Magdeburg und der Grenze zu Brandenburg laufen noch die Planverfahren. Immerhin: Nach einem Kompromiss zwischen dem Land und dem Naturschutzverband BUND scheint der Weg grundsätzlich frei. Vielerorts müssen aber noch zusätzliche Naturschutzmaßnahmen in die Planungen aufgenommen werden. Der Bau eines rund 8,5 Kilometer langen Teilstücks zwischen Colbitz und Tangerhütte soll im Juni beginnen. Tatsächlich befahrbar ist bislang nur ein kleines Stück zwischen Wolmirstedt und Colbitz. Fertig wird die Autobahn in Sachsen-Anhalt nach Einschätzung des Verkehrsministeriums frühestens 2021.
Neue Rechtslagen durch neue Vorschriften oder Gerichtsentscheidungen bremsen Bau der A14
In Brandenburg sollen es einmal etwa 32,1 Kilometer sein. Noch ist unklar, wann die Autobahnstrecke hier komplett ist. Auf dem Weg nach Nord- und Ostsee und nach Mitteldeutschland fehlt immer noch ein wichtiges Kettenglied.
„Wir haben uns den Standort 2012 ausgesucht, weil es mit der A14 eine schnelle Verbindung in viele Regionen geben sollte“, sagt Lars Peter, Standortleiter von Austrotherm. Die Prignitz liegt auf halber Strecke zwischen Hamburg und Berlin. „Zeitnah“ sollte die Autobahn kommen, wurde gesagt.“
Die DEGES Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH bearbeitet nur einzelne Abschnitte. An vielen Stellen laufen noch Planfeststellungsverfahren - in der Regel seit Jahren. Die meisten Hürden bestehen aus Sicht von DEGES-Sprecher Michael Zarth bei naturschutzfachlichen Anforderungen. Oft gebe es neue Rechtslagen durch neue Vorschriften oder Gerichtsentscheidungen.
Insgesamt werden für den Autobahnbau Kosten in Höhe von 1,3 Milliarden Euro veranschlagt. In Sachsen-Anhalt sind 96,9 Kilometer geplant, in Mecklenburg-Vorpommern 25,8 Kilometer und in Brandenburg 32,1 Kilometer. Es entstehen insgesamt 17 Anschlussstellen, fünf Parkplätze mit Toiletten und zwei Tank-Rastanlagen. Bis 2025 wird mit 20.000 bis 34.000 Fahrzeugen täglich gerechnet.
Viele Firmen beklagen, dass die neue Autobahn noch immer nicht fertig ist
In Brandenburg ist die DEGES zuständig für die Abschnitte zu beiden Landesgrenzen einschließlich der Brücke über die Elbe bei Wittenberge - was länderübergreifende Koordinierung erfordert. Seit Ende 2015 ist der erste Brandenburger Abschnitt von Karstädt nach Groß Warnow nahe der Landesgrenze zu Mecklenburg-Vorpommern frei.
In Planung sind auch die Elbebrücke bei Wittenberge und der Abschnitt Wittenberge-Karstädt. Dort muss beispielsweise an einer Stelle wegen eines Vogelschutzgebietes die Strecke angepasst werden. Erst dann läuft das Planfeststellungsverfahren weiter. Insgesamt betragen die Kosten für alle drei märkischen Abschnitte nach Angaben des Potsdamer Verkehrsministeriums etwa 280 Millionen Euro.
Viele Firmen in der Region beklagen, dass die neue Autobahn noch immer nicht fertig ist. Wer an den Verzögerungen schuld ist, kann schlecht ausgemacht werden. Immerhin ist es ein Mammutprojekt, an dem neben dem Bund drei Bundesländer beteiligt sind. Für die Brandenburger Abschnitte sollen noch in diesem Halbjahr Planfeststellungsbeschlüsse vorliegen, so die DEGES.
Betroffene Firma: „Alle reden über den Wirtschaftsstandort und dann passiert bei der Planungsbehörde des Landes nichts.“
„2020 ist vielleicht der Abschnitt bis nach Karstädt zu befahren“, hofft Martin Hahn, Leiter des Bauamtes der Stadt Wittenberge. „Gehen keine Klagen gegen den Planfeststellungsbeschluss ein, wäre im kommenden Jahr der Baubeginn möglich“, sagt er.
Christian Winkelmann, Geschäftsführer der Schacht GmbH Hoch- und Niederspannung in Wittenberge muss sich immer wieder von Kunden fragen lassen: „Wie erreiche ich Euch?“. Er kritisiert: „Alle reden über den Wirtschaftsstandort und dann passiert bei der Planungsbehörde des Landes nichts.“ Der Autobahnanschluss sei für ihn ein wichtiger Punkt gewesen, in das Gewerbegebiet zu ziehen. „Richtung Hamburg ist ja schon einiges passiert, der Anschluss in greifbarer Nähe, aber das reicht nicht“, meint er.
A14-Nordverlängerung: Viele Umwege durch fehlende Autobahnanbindung
Und die Folgen der fehlenden Anbindung an die Autobahn? „Wir müssen viele Umwege fahren“, sagt Transportunternehmer Detlef Benecke. Dazu gelte auf Umgehungsstraßen für Laster Tempo 60. Ampeln verzögerten ebenfalls die Fahrtzeiten. „Das alles rechnet sich nicht“, sagt er. Mit der fertigen A14 würden seine 40-Tonner etwa 30 bis 45 Minuten bis nach Hamburg und eine Stunde nach Magdeburg sparen - aber bislang nur theoretisch.
„Für regionale Wirtschaftsförderer ist die Situation Investoren kaum noch zu vermitteln“, sagt Christian Fenske, Geschäftsführer des Technologie- und Gewerbezentrums Prignitz. Der Wirtschaftsstandort Prignitz werbe mit seiner guten Verkehrsanbindung zu den deutschen Seehäfen, der stündlichen ICE-Anbindung nach Hamburg und Berlin, den Wirtschaftszentren Mitteldeutschlands und zu den Transeuropäischen Verkehrsnetzen. Doch direkt vor der Haustür hapert es noch. „Wir brauchen unbedingt eine vollständige A14.“ (dpa)