Sachsen-Anhalt Sachsen-Anhalt: Volksbegehren zur Kinderbetreuung schlägt Wellen
Magdeburg/dpa. - «Püchel betreibt Verhinderungspolitik», sagte Esche. Er wolle dem Bürgerbegehren unnötig Steine in den Weg legen. Das sei skandalös. Fraglich sei, ob die Post bis dahin die letzten Listen aus dem ganzen Land nach Magdeburg bringen könne. «Zudem müssen die Bögen dann - wie es das Gesetz vorschreibt - nach Meldebehörden sortiert werden.» Auch müssten die Angaben der Unterzeichner wie etwa die Adresse auf Vollständigkeit kontrolliert werden. «Das braucht schon etwas Zeit.»
Auch die CDU-Opposition lässt kein gutes Haar an dem Minister. «Weder das Volksabstimmungsgesetz noch die dazu gehörige Verordnung geben der Landesregierung eine ausreichende Begründungsgrundlage für die Frist», sagte Landtagsfraktionschef Christoph Bergner. Er warnte die Regierung vor Verfahrenstricks, um den Ausgang des Volksbegehrens zu beeinflussen und «unliebsamen Bürgerwillen» zu verhindern.
Püchels Sprecher Matthias Schuppe indes kann die Aufregung nicht verstehen. Nach Prüfung der Vorschriften und der Rechtsprechung seien die Juristen des Innenministeriums zu dem Schluss gekommen, dass die Listen «unmittelbar» nach Ende des Volksbegehrens abgegeben werden müssten, sagte er. Das sei für die Initiative zu schaffen. Ihr werde ein Raum im Ministerium zur Verfügung gestellt, in dem sie nach der Übergabe die vorgeschriebene Sortierung der Unterschriftenlisten «ohne Zeitnot» vornehmen könne. «Daran wird doch kein Volksbegehren scheitern.»
Pikant: Erst vor wenigen Tagen hatte der Landeswahlleiter Paul Uwe Söker der Bürgerinitiative mitgeteilt, sie habe ab Samstag rund drei Wochen Zeit, um die eingegangenen Unterschriftsbögen zu sortieren und abzugeben. Am Mittwoch dieser Woche eröffnete Innenstaatssekretär Rainer Holtschneider der Initiative, sie müsse die Unterschriften bis nächsten Dienstag abgeben. Keine 24 Stunden später folgte die Ansage von Püchel: «Abgabetermin ist nächster Donnerstag.»
Esche dazu: «Das Ministerium hatte jetzt ein halbes Jahr Zeit, sich darüber im Klaren zu werden. Dieses Hin und Her kurz vor Toresschluss ist schon traurig. Für uns bleibt es bei der Drei- Wochen-Abgabefrist». Die CDU findet den Vorgang auch seltsam: «Nach der Gesetzeslage haben weder Püchel noch Holtschneider das Recht, dem Landeswahlleiter in dieser Sache Weisungen zu erteilen.»
Ziel des Volksbegehrens, das am 11. September vergangenen Jahres begann, ist die Verabschiedung eines von der Initiative erarbeiteten neuen Gesetzes zur Kinderbetreuung. Um es in den Landtag zu bringen, sind 250 000 Unterschriften nötig. Esche und ihre Mitstreiter halten das seit August 1999 geltende, von SPD und PDS beschlossene Gesetz für unsozial. In dem Gesetz war etwa die schrittweise Kürzung der Landespauschalen für die Kinderbetreuung festgeschrieben worden.