Sachsen-Anhalt Sachsen-Anhalt: Dieter Steinecke wird neuer Landtagspräsident

Magdeburg/MZ. - Ein Schaudern erfasstDieter Steinecke, wenn er an den kommendenMontag denkt. "Mensch, wenn das meine Elternnoch erleben könnten. Die wären stolz wieBolle auf ihren Sohn." Laut Plan um 12.35Uhr soll der 62-Jährige auf dem Höhepunktseiner Politikkarriere ankommen. Dann wirdihn der neue Landtag Sachsen-Anhalts zum Parlamentspräsidentenwählen.
Das ist schon klar, weil ihn die CDU als stärksteFraktion vorschlägt und sich mit den anderenFraktionen auf die neue Führung geeinigt hat. Der bisherigePräsident Adolf Spotka (CDU) tritt nicht mehran. Dass Steinecke ihm nachfolgt, hat vielein der CDU überrascht. Er ist erst seit 2002im Landtag und blieb meist unauffällig. DieSitzordnung im Parlament illustriert, wiesehr Steinecke aufrückt: Ab Montag sitzt erganz vorne, leicht erhöht auf einem Podestvor allen Abgeordneten. Vorher saß er in derfünften Reihe der CDU-Fraktion. Das ist dieletzte Abgeordnetenbank.
Der verheiratete, zweifache Vater und Großvatereiner Enkelin gilt in der Union als zurückhaltendund umgänglich. "Ich war ein schlichter Abgeordneter.Ich halte es für eine Tugend, etwas zurückhaltendzu sein", sagt Steinecke. Sein Motto: "Erstdenken, dann reden". Wegen der ruhigen Arttrauen ihm einige viel zu. "Auf den zweitenBlick hat das Charme. Steinecke könnte einVolkspräsident werden, er ist den Bürgernsehr nahe", sagt einer aus der Union. In Magdeburgkenne er "jeden und jede Ecke".
Das gilt besonders für den Ortsteil Hopfengarten,"meinen Kiez", wie Steinecke sagt. Seit 1945lebt die Familie in Hopfengarten, Steineckebewohnt heute das Elternhaus, seine Schwesterwohnt fünf Häuser weiter. Geboren wurde erin dem Örtchen Biere nahe Magdeburg, überder Backstube der Großeltern. Der Vater war"kleiner Beamter der evangelischen Kirche",die Mutter Hausfrau. Nach der Schule machteer eine Monteursausbildung, studierte Maschinenbau.1976 trat Steinecke in die CDU ein, nach derWende wurde er Bürgermeister und Beigeordneterin Magdeburg, unter Oberbürgermeister WilliPolte (SPD). Das ging gut, politisch war dieSPD nie allzu fern. "Ich gehöre zum sozialen,zum linken Flügel der CDU." Das schlägt sichauch im Alltag nieder. Steinecke ist in vielenVereinen Mitglied, unter anderem führt erden Magdeburger Stadtsportbund und ist Landeschefder Kriegsgräberfürsorge. Und jeden Heiligabendsteuert er mit einem Christstollen unter demArm ein Magdeburger Obdachlosenheim an, für"einen gemütlichen Nachmittag mit den Jungs".
Im Parlament will er künftig vor allem ausgleichendwirken. "Vom Naturell her suche ich eher denKonsens als die harte Auseinandersetzung."Außerdem will er für mehr Akzeptanz des Parlamentswerben, die niedrige Beteiligung bei der LandtagswahlEnde März von 44 Prozent macht ihm Sorge."Das Recht auf freie Wahlen war eine der wichtigstenForderungen 1989." Er ist überzeugt, dassman für Bürgernähe eben nah an den Bürgermuss. "Wir müssen aufpassen, dass der Landtagnicht zum Raumschiff wird. Ich empfehle jedemPolitiker, einmal in der Woche mit der Straßenbahnzu fahren oder durch ein Jobcenter zu laufen.Da erfährt man schnell, wie Bürger denken."
Ob er im Amt zum Raumschiffkapitän oder zumVolkspräsidenten wird - am Montag wird Steineckezunächst einmal gewählt. Von der Tribüne auswollen Frau Anita, die Töchter Kati und Juliaund die fünfjährige Enkelin Maria-Luisa zuschauen.Und wenn der gläubige Christ es sich rechtüberlegt, werden den großen Moment vielleichtauch die verstorbenen Eltern sehen. "Wennsie von da oben runtergucken, dann werdensie stolz sein."