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Brennendes Plädoyer und einige Skepsis Wird Bad Lauchstädt durch geplante Therme zu einer touristischen Topdestination?

Das Therme-Projekt in Bad Lauchstädt hat zwei prominente Fürsprecher. Doch es gibt auch Kritik.

Von Robert Briest 15.05.2021, 08:00
Bad Lauchstädt plant eine Therme zu bauen.
Bad Lauchstädt plant eine Therme zu bauen. (Foto: IMAGO / Horst Rudel)

Bad Lauchstädt - Es war ein überraschender Redebeitrag am Ende der Einwohnerfragestunde. Als letzter Bürger meldete sich im Lauchstädter Sonderstadtrat am Dienstag René Schmidt zu Wort. Der Geschäftsführer der Historischen Kuranlagen GmbH, der sich sonst aus der Kommunalpolitik weitestgehend heraushält, hatte keine Frage, sondern hielt ein brennendes Plädoyer für den Bau einer Therme in Bad Lauchstädt oder zumindest dafür, dass der Stadtrat versucht, die Fördermittel dafür zu bekommen – so wie es gut eine Stunde später dann auch mit deutlicher Mehrheit geschah.

Mit einer Therme hätte man mehr Angebot vor Ort

„Der Bau der Therme entscheidet darüber, ob Bad Lauchstädt in den nächsten fünf Jahren eine touristische Topdestination wird oder stagniert“, sagte Schmidt und erläuterte, dass das Besucherpotenzial durch sein Goethe-Theater gedeckelt sei. Maximal 40 Veranstaltungen könne er im Sommer machen. Das seien bei voller Auslastung 16.000 Besucher. Hinzu kämen einige Veranstaltungen im Winter im Kursaal sowie Christkind’l-Markt und Brunnenfest. „Wir werden damit also maximal 40.000 bis 50.000 Beuscher im Jahr haben.“

Hinzu kommt laut Schmidt, dass Corona den Rückgang beim Bustourismus beschleunigt habe. Und: „Wir haben schon jetzt das Problem, dass wir Besuchergruppen, die vier, fünf Tage kommen wollen, hier nicht mehr als für einen Tag Programm anbieten können. Dann müssen sie schon nach Merseburg, Halle oder Leipzig ausweichen.“ Mit einer Therme hätte man mehr Angebot vor Ort, sagte der HKA-Geschäftsführer und prophezeite: Sollten die Besucherzahlen so eintreffen, wie es die Machbarkeitsstudie prognostiziert habe – im Schnitt 750 pro Tag –, dann werde es eine „gedeihliche Entwicklung der Gastronomie und der Stadt geben“.

Sorge vor zusätzlicher Verkehrs- und Lärmbelastung durch Therme

Schmidt war am Dienstag nicht der einzige prominente Fürsprecher. Der ehemalige Ortsbürgermeister Wilfried Tupy berichtete von einem Umdenkprozess, bei sich und anderen: „Als ich von der Therme das erste Mal hörte, habe ich gedacht, dass es ein illusorisches Vorhaben für eine Stadt wie Bad Lauchstädt ist.“ Auch weil man noch andere offene Probleme, wie etwa unsanierte Straßen, habe. Zum Umdenken hätte aber die Aussicht auf EU-Fördermittel in dieser Größenordnung

– beantragt werden über 43 Millionen Euro – geführt: „Das wäre das große Feuerwerk, der große Knall, den man erwarten sollte.“ Tupy rechnet nicht damit, dass sich so eine Chance noch einmal auftun wird für die Goethestadt.

In den Tagen vor dem Sonderstadtrat hatte in der lokalen Facebookgruppe die Kritik an dem Projekt klar überwogen. Anwohner der Schillerhöhe, die derzeit als präferierter Standort für die Therme gilt, hatten ihre Sorge vor zusätzlicher Verkehrs- und Lärmbelastung zum Ausdruck gebracht. Am Dienstag waren vermehrt Anlieger des Freibadparkplatzes vor Ort, auf dem eine zweietagige Parkbatterie entstehen soll. Sie sorgten sich vor allem über deren Höhe.

Trotz Kritik: „Andere Kurorte leben von der Therme und dem Tourismus, der daraus resultiert“

Bürgermeister Christian Runkel (CDU) versuchte zu beschwichtigen. Die untere Ebene werde im Boden versenkt, die obere liege nur 1,50 Meter über dem Boden. Einer der Anwohner war nach dem Ratsvotum für den Förderantrag dennoch gefrustet: „Aus der Höhe kann mir jeder in mein Grundstück gucken. Und die Therme? Ich brauche sowas nicht.“

Positiver fiel dagegen die Bewertung von Lorenz und Matthias Krumbiegel aus, die wie gut 30 weitere Bürger die Sitzung verfolgt hatten: „Es wäre zumindest eine Verwandlung der Stadt in die Richtung, dass mal etwas passiert und es nicht stagniert“, sagt Lorenz Krumbiegel. Er hält die Bewerbung um Fördermittel für sinnvoll. Matthias Krumbiegel sieht in der Therme auf alle Fälle ein Risiko, aber wenn es funktioniert, wäre es gut: „Andere Kurorte leben von der Therme und dem Tourismus, der daraus resultiert.“

Ähnlich differenziert klingt die Einschätzung von Tibor Balogh. Fördermittel zu beantragen, sei okay. Alles andere müsse man im Zuge des folgenden Planverfahrens sehen. Die Stadt solle bei den Projekten ihre architektonischen Steuerungsmittel nutzen. Vor allem wünscht sich Balogh aber noch ein Worst-Case-Szenario: „Was passiert, wenn die Therme nach fünf Jahren nicht läuft oder die Stadt keinen Pächter mehr hat?“ (mz)