1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Saalekreis
  6. >
  7. Unwetter im Saalekreis: Unwetter im Saalekreis: "Unsere Kinder wären tot" - Warum eine spontane Entscheidung drei Leben gerettet hat.

Unwetter im Saalekreis Unwetter im Saalekreis: "Unsere Kinder wären tot" - Warum eine spontane Entscheidung drei Leben gerettet hat.

Von Undine Freyberg 23.05.2017, 06:56
David Dittmar, Kathleen Planer und Franziska Tetzner haben ihr Zuhause verloren. Doch in Schraplau gibt es erste Hilfsangebote.
David Dittmar, Kathleen Planer und Franziska Tetzner haben ihr Zuhause verloren. Doch in Schraplau gibt es erste Hilfsangebote. Peter Wölk

Schraplau - Kathleen Planer und ihr Lebensgefährte David Dittmar waren mit ihren drei Kindern auf dem Heimweg aus dem Garten, als sich der Himmel verdunkelte. David Dittmar wollte auf direktem Wege nach Schafsee, wo die fünf im Erdgeschoss des Herrenhauses wohnten. „Ich sagte nein, lasst uns noch einkaufen fahren“, erzählt die 28-jährige Kathleen Planer der MZ. Diese Entscheidung hat ihren Kindern das Leben gerettet.

„Wären wir nach Hause gefahren, hätten wir vermutlich im Wohnzimmer gesessen und die Kinder hätten im Kinderzimmer gespielt“, sagt sie. Doch genau dort, von der rückwärtigen Seite des Hauses, waren die Wassermassen am Freitagabend in das Haus eingedrungen und haben alles mitgerissen - egal, wie klein, groß oder schwer. „Unsere Kinder wären nicht mehr da. Unsere Kinder wären jetzt tot.“ Die lebenslustige Frau sieht plötzlich ganz ernst aus. Ihre Kinder Luis (zehn Monate), Ian (vier Jahre) und Isabela (6 Jahre) haben keine Ahnung, welcher Katastrophe ihre ganze Familie entgangen ist.

Wasser und Schlamm wälzte sich durch das komplette Erdgeschoss

Das Wasser wälzte sich bei dem Unwetter durch das komplette Erdgeschoss, brachte Schlamm und Äste mit. Die 5-Cent-Stück großen Hagelkörner vom Freitag lagen auch noch am Montag in den Erdgeschosswohnungen, aus denen jetzt alle Möbel und auch Waschmaschine und Geschirrspüler raus müssen.

„Wir hatten unsere Wohnung Anfang des Jahres gerade erst komplett renoviert“ sagt Franziska Tetzner (31), die mit ihrem Lebensgefährten in der Nachbarwohnung lebte. „Wir konnten uns am Freitag nach draußen retten, aber das Wasser stand so hoch in der Wohnung, dass wir von außen eine Scheibe einschlagen mussten, sonst wäre es nicht abgeflossen.“ Auch in ihrer Wohnung ist alles zerstört. Ihre schwarze Katze Lilli saß unterdessen laut maunzend auf dem Hof. „Sie sucht ihre Kinder.“ Lilli hatte vier Babys, die gerade vier Wochen alt waren. Sie haben das Unwetter nicht überlebt. „Das ist ganz traurig für sie.“

Wasser und Schlamm im Saalekreis: Wer zahlt bei Schäden?

Franziska Tetzners Glück: Sie hatte für ihre Wohnung eine Versicherung gegen Elementarschäden abgeschlossen. „Was wir da bekommen? Keine Ahnung, wir wissen es nicht“, sagt die 31-Jährige, die im November ein Baby erwartet. Für Kathleen Planer und David Dittmar wird es dagegen schwierig, Geld von der Versicherung zu bekommen, da sie nur eine Hausratversicherung haben.

„Die bloßen Hausrat- und Wohngebäudeversicherungen haften nicht für derartige Schäden“, hieß es von der Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt. Schäden durch Überschwemmungen oder Starkregen sind tatsächlich nur im Rahmen einer bestehenden Elementarschadenversicherung abgedeckt oder durch Hausratversicherungen aus DDR-Zeiten, die von der Allianz-Versicherung übernommen und unverändert fortgeführt wurden.

Wasser und Schlamm: Das Erdgeschoss ist nicht mehr bewohnbar

Franziska Tetzner ist zwischenzeitlich bei ihrer Familie untergekommen. Kathleen Planer und ihre fünfköpfige Familie leben in einem Gartenhäuschen. Zurück ins Herrenhaus wollen sie alle nicht. „Das Erdgeschoss ist nicht mehr bewohnbar. Und vor allem - so etwas kann immer wieder passieren“, befürchtet die 28-Jährige.

„Die Wohnungen sollten nicht mehr vermietet werden.“ Ein anderer Anwohner erzählt, dass es tatsächlich Anfang der 70er und Anfang der 90er Jahre Unwetter mit denselben katastrophalen Auswirkungen gegeben habe, die das Herrenhaus heimgesucht hätten. Ganz früher seien im Erdgeschoss auch keine Wohnungen, sondern die Abstellräume des Hauses gewesen.

In Schraplau formieren sich unterdessen erste Hilfsinitiativen

Es seien nicht die Möbel, Fernseher oder Elektrogeräte, um die es schade sei. „Sondern die Dinge, die nicht zu ersetzen sind - wie Fotos oder Erinnerungsstücke“, sagt Kathleen Planer traurig.

In Schraplau formieren sich unterdessen erste Hilfsinitiativen. Die Frauen vom Sportverein haben Kleiderspenden organisiert. Die Stadt stellt ihr Konto für Spenden zur Verfügung. Musiker wollen ein Benefizkonzert organisieren. „Wir unterstützen die Familien wo wir können“, sagt Bürgermeister Frank Birke. „Auch bei der Wohnungssuche.“ (mz)

Konto für Spenden

Für Spenden an die Opfer des Unwetters in Schraplau stellt die Stadt ihr Konto zur Verfügung. Spenden können mit dem Kennwort „Nothilfe Schafsee“ auf folgendes Konto der Stadt Schraplau überwiesen werden - IBAN: DE88 8005 3762 3740 0001 03, BIC: NOLADE21HAL.

Das Herrenhaus von Schafsee wurde von den Schlammmassen überrollt.
Das Herrenhaus von Schafsee wurde von den Schlammmassen überrollt.
Peter Wölk