Sagen und Mythen Sagen und Mythen: Bruno von Querfurt - der Heilige

Querfurt - Als Bruno von Querfurt am 9. März 1009 auf Missionierungsreise nach Pruzzen seinen gewaltsamen Tod fand, wurde er zwar zum Märtyrer, die Bedingungen für seine spätere Verehrung, ja gar einen Kult um ihn, waren jedoch eigentlich schlecht. So mangelte es etwa an Reliquien von Brun. Sein Vertrauter Herzog Boleslaw soll zwar die Gebeine ausgelöst haben. Doch ihr Verbleib ist bis heute genauso ein Rätsel geblieben, wie der genaue Ort, an dem Brun und seine 18 Begleiter damals den Tod fanden.
Dennoch ist Brun auch heute noch präsent und das nicht nur in seiner Heimatstadt, wie Bürgermeister Andreas Nette (parteilos) erklärt, der als Vorsitzender der Thaldorfer Pfingstburschen auch eine kurze Biografie des Heiligen verfasst hat: „Die Sagen über ihn werden noch in Kitas und Grundschulen erzählt. Auch durch das Brunnenfest in Thaldorf rückt er immer wieder ins Bewusstsein der Bürger.“
Brunnen in Thaldorf
Der Brunnen in Thaldorf, an dem in nicht Coronajahren am Mittwoch nach Pfingsten traditionell das Fest samt Kür des neuen Brunnenherren steigt, trägt in etwas verwaschener Form den Namen des Heiligen: Braunsbrunnen. Eine Statue Bruns samt Esel, der mit seinem Aufbegehren vor der tödlichen Missionierungsreise gewarnt haben soll, steht über dem Wasserauslauf. Der Brunnen soll jener sein, den Brun schuf, um die acht verstoßenen Kinder zu taufen. Das sich um ihn eine Sage rankt, könnte auch damit zu tun haben, dass Wasserstellen auf der traditionell trockenen Querfurter Platte eine besondere Bedeutung hatten.
Zum anderen spielt natürlich auch die Prominenz Bruns eine Rolle, der im Mittelalter trotz der widrigen Startbedingungen als Heiliger verehrt wurde und bis heute wird – zumindest in östlicheren Gefilden. So ist er laut Nette etwa Schutzpatron der Diözesen von Łomza und Warmia in Polen sowie des Erzbistums in Litauen. In Ungarn zählt er zu den drei Nationalheiligen. Der 9. März ist dort Gedenktag an ihn. Im polnischen Gizycko, dessen Umgebung als einer der möglichen Todesorte gilt, gibt es alljährlich im Juli eine Prozession von der Brunskirche zum Brunskreuz.
Prominenz des Missionars
Zur Prominenz des Missionars trugen auch zeitgenössische Berichte über ihn bei, verfasst etwa vom Merseburger Bischof Thietmar. Hinzu kamen die Sagen, die man sich vor allem in seiner Heimatstadt über ihn erzählte, eben etwa jene über die ungewollten Kinder seiner Schwägerin. Mehrlingsgeburten stellten damals Grund zur Skepsis dar. Weil sie sich die Leute nicht erklären konnten, war schnell der Verdacht zur Hand, dass mehrere Kinder auch mehrere Väter hatten.
Popkulturelle Verarbeitung fand vor allem aber auch die Sage vom Wiesenesel. Darstellungen von Tier und Reiter finden sich vielfach in der Stadt, eine davon ziert beispielsweise das Logo des Altertums- und Verkehrsvereins. An der Stelle, an der posthum das Bocken des Esels bei der Abreise Bruns verortet wurde, entstand eine Wallfahrtskirche, die später zum Wiesenhaus ausgebaut wurde, das heute noch östlich das PNVG-Betriebshofs steht.
Wiesenmarkt als eines der größten Volksfeste der Region
An dieser Stelle entwickelte sich später der Wiesenmarkt zu einem der größten Volksfeste der Region. In Spitzenzeiten sollen sich die Stände über eine Strecke von über einem Kilometer erstreckt haben. Nach der Reformation erhielt das Volksfest einen eher weltlichen Charakter. Es wurde bis in die 60er Jahre hinein gefeiert. Dann passte die Tradition aber nicht zum Sozialismus, begründet Nette das Aus.
Anders als Brunnenfest und -herr wurde der Wiesenmarkt nach der Wende nicht wiederbelebt. An Spuren der Verehrung Bruns mangelt es in Querfurt über 1.000 Jahre nach seinem Tod trotzdem nicht, wie Ortsbezeichnung wie Braunstraße, Braunsmühle und Braunsberg bezeugen. (mz)


