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Rücktritt trotz Erfolgsserie Rücktritt trotz Erfolgsserie: Farih Kadic nimmt beim SV Merseburg 99 den Hut

Von Nico Grünke 16.09.2016, 06:44
Farih Kadic hat sich in sein Haus nach Ostrau zurückgezogen, wo er sich nun auch um seine Hunde kümmert.
Farih Kadic hat sich in sein Haus nach Ostrau zurückgezogen, wo er sich nun auch um seine Hunde kümmert. Schulz

Merseburg - Farih Kadic überlegte einen Moment, atmete kurz durch. Dann begann er zu erzählen. Über das, was jetzt kommen wird. Vor allem aber über das, was sich in den letzten Tagen zugetragen hatte. Nun wolle er erst einmal abschalten, sich der Familie und auch seinen Hunden widmen. „Sportlich habe ich jetzt keine Ziele mehr“, sagte der 48-Jährige.

Der Grund: Farih Kadic hat völlig überraschend sein Traineramt beim Oberligisten SV Merseburg 99 niedergelegt. Am Mittwochabend hatte Co-Trainer Marko Kapetanovic die Übungseinheit im Merseburger Stadtstadion übernommen. Kadic dagegen informierte nach einem Gespräch mit dem Vorstand die Mannschaft über seinen Rücktritt und setzte sich anschließend ins Auto, machte sich auf den Heimweg nach Ostrau.

Zurück blieb eine geschockte Mannschaft, die die Entscheidung nicht verstehen konnte. Denn rein sachlich betrachtet kann man das auch gar nicht.

Siegesserie unter Kadic

Kadic und der SV Merseburg 99 - das schien zu passen. Am 17. Februar hatte der 48-Jährige das Amt von seinem Vorgänger Marko Zenau übernommen. Letzterer wechselte in die bei den Merseburgern zu dem Zeitpunkt neu geschaffene Funktion des sportlichen Leiters. Der Verein ließ gestiegene Ambitionen erkennen. Und Kadic agierte an der Seitenlinie von Anfang an erfolgreich. „Das erste Punktspiel gegen die Reserve von Askania Bernburg haben wir mit 3:0 gewonnen“, erinnert er an einen Einstand nach Maß. „Wir haben dann eine Serie von acht oder neun Spielen ohne Niederlage gehabt.“

Der SV schaffte unter dem neuen Coach den direkten Durchmarsch von der Landes- in die Oberliga. Ein Erfolg, den der Trainer auch für sich verbuchte. „Ich habe ja auch gute Spieler mit vom VfL Halle 96 nach Merseburg gebracht, die ohne mich sicher nicht gekommen wären.“ Und auch in der Oberliga schrieb der Verein seine Erfolgsgeschichte unter Kadic bislang fort: Der Aufsteiger thront nach vier Spieltagen mit zehn Punkten an der Tabellenspitze.

Die Chemie zwischen Coach und Mannschaft stimmte also offenbar. Warum dann der völlig unerwartete Schritt?

„Mit der Mannschaft hat das nichts zu tun. Das sind alles meine Jungs“, sagt Kadic. Menschlich habe da alles gestimmt. Wo aber die eigentlich Ursachen liegen und was konkret vorgefallen ist, darüber will sich der 48-Jährige nicht auslassen. „Ich bin Sportsmann.“ Und als solcher wolle er nicht nachtreten. Nur so viel: „Mit dem Vorstand bin ich von Anfang an nicht hundertprozentig klar gekommen“, sagt er. Spannungen habe es zwischen ihm und dem Präsidenten der 99er Marcus Skowronek schon länger gegeben.

Offenbar war die Situation unmittelbar vor dem Auswärtsspiel der Merseburger beim VfL Halle 96 am vergangenen Freitag eskaliert. Kadic spricht von einem „unschönen Vorfall“, will sich aber nicht genauer dazu äußern. Skowronek war gestern nicht zu erreichen.

Verein hält sich bedeckt

Marko Zenau allerdings dementiert jenen vermeintlichen Vorfall. Ein Streitgespräch habe es nicht gegeben. Der Verein wollte sich aber auch nicht konkret zu den Problemen äußern. In einer Pressemitteilung ist lediglich von „Dissonanzen zwischen dem Präsidium und Herrn Kadic“ die Rede. Unterschiedliche Auffassungen verschiedene Abläufe im Verein betreffend, habe es gegeben. Was genau? Da hält sich der Verein bedeckt. „Das soll auch intern bleiben“, sagt Zenau. „So etwas kommt im Fußball leider vor, jetzt ist das uns passiert, damit müssen wir professionell umgehen.“

Fest steht, dass es sich nicht um Kleinigkeiten gehandelt haben kann. Denn angesichts des Erfolgs und des guten Verhältnisses zur Mannschaft muss sich Kadic den Schritt reiflich überlegt haben. „Das ist mir schwer gefallen“, betont er. Die Mannschaft stand offenbar hinter Kadic. „Am Mittwoch sind viele Spieler zu mir nach Hause gekommen, um mit mir zu reden.“

Dabei hat Farih Kadic aber auch eine wichtige Botschaft vermittelt: dass seine Jungs weiter alles geben sollen. „Marko Kapetanovic ist ein netter Mensch. Er kann nichts für das Ganze.“

Kadic hofft, dass seine Spieler trotz der dramatischen Vorgänge am Sonntag im Heimspiel gegen Inter Leipzig die Tabellenführung verteidigen können. Nur er selbst braucht erst einmal Abstand. (mz)