Pferdeflüsterer aus Wallendorf Pferdeflüsterer aus Wallendorf : Der mit den Tieren tanzt

Wallendorf - Pferdeflüsterer gibt es wirklich. Ein intensiver Blickkontakt, eine kurze Geste der Finger genügt - und Estepeno bewegt sich auf Uwe Weinzierl zu. Ein von sich gestreckter Arm - und der Wallach weicht zurück. Was beinahe wie Hypnose wirkt, ist nichts anderes als ein geschickter Umgang mit den Tieren. Die Besucher auf dem Gelände des Reitvereins Wallendorf kamen am vergangenen Samstag nicht aus dem Staunen heraus.
Was es damit auf sich hat, erklärt Pferdetrainer Weinzierl so: „Es geht um ein natürliches Miteinander von Mensch und Pferd. Die Beziehung erfolgt auf Augenhöhe und besteht zu jeweils 50 Prozent aus Vertrauen und Respekt“. Dabei sei es „enorm wichtig, die Psyche des Pferdes zu verstehen“ und „mit der Natur zu arbeiten, anstatt gegen sie“. Man müsse akzeptieren, dass Pferde Herdentiere seien und nicht „wie Schwerverbrecher eingesperrt“ in Boxen untergebracht werden sollten. Zudem würden die Pflanzenfresser die Menschen als Fleischfresser zunächst als ihre biologischen Feinde sehen.
Kommunikation mittels Körpersprache
Nichtsdestotrotz ist eine Kommunikation zwischen beiden Spezies mittels Körpersprache möglich, da diese laut Weinzierl nicht nur innerhalb unterschiedlicher menschlicher Kulturen, sondern aufgrund eines gemeinsamen evolutionären Ursprungs sogar zwischen verschiedenartigen Säugetieren funktioniert. Dies gelinge, wenn der Reiter als Muttertier anerkannt werde, indem er die gleichen Signale wie diese verwendet. Weinzierl verdeutlicht dies am Streicheln im Gesicht und über die Mähne, was das Lecken der Mutter nachahmen soll.
Hat man das Vertrauen des Tieres gewonnen, folgt es auch weiteren Anweisungen wie Handzeichen, was er gleich beweist und auch zeigt, wie man Pferde vor lauten Geräuschen in Form von Peitschenknallen auf den Boden „desensibilisiert“. Dies sei wichtig, da Pferde als Fluchttiere von Natur aus äußerst schreckhaft seien. Doch blieben die Tiere ruhig, wenn ihre Mutter beziehungsweise der Reiter Ruhe bewahren.
Gangart und Geschwindigkeit
Schließlich sitzt der Pferdeflüsterer auf und verdeutlicht, wie man ausschließlich mit der Körperhaltung die Richtung, Gangart und Geschwindigkeit eines Pferdes bestimmen kann, ohne ihm die Sporen zu geben. Die Pferde erweisen sich sogar als Fußballer und haben dabei „mehr Ballgefühl als Ronaldo“, scherzt Weinzierl. Zudem wird das Verladen in einen Anhänger vorgeführt, was sogar im Galopp in einen fahrenden Hänger gelingt.
Weinzierl ist vollends zufrieden mit der Show, die Vierbeiner sowie Reiter gezeigt haben. Der 58-Jährige war jahrelang als Kabarettist tätig, was sich auch in seinen humorvollen Pferdeshows niederschlägt. „Von Menschen habe ich keine Ahnung, von Pferden jedoch ein bisschen“, sagt er mit einem Zwinkern.
Liebe zu den Pferden
Seine Liebe zu den Pferden, die er als „das Schönste, was die Natur hervorgebracht hat“, bezeichnet, entstand jedoch erst im Alter von 33, nachdem er ein Buch des amerikanischen Pferdeflüsterers Monty Roberts gelesen hatte. „Ich habe es bis dato für unmöglich gehalten, aber als ich es selbst ausprobierte, hat es sofort funktioniert“, so Weinzierl, der ein Gestüt im mecklenburgischen Neu-Drefahl besitzt.
Ebenso erfreut vom Erfolg dieser Trainingsmethode ist Susen Eckert, die den Pferdeflüsterer für einen Auftritt in Wallendorf engagiert hat. „Mein Filou war ein echtes Problempferd, sehr schreckhaft und ängstlich, bis ich mit ihm ein Seminar bei ihm besucht habe. Seitdem ist er ein Verlasspferd“, strahlt sie und betont weiter: „Nun ist es eine ganz andere Reiter-Pferd-Beziehung, denn Uwe unterrichtet in erster Linie die Menschen und nicht die Pferde“.
Auch die Wallendorfer Vereinsvorsitzende Bärbel Naumann ist begeistert von dieser Lehrstunde: „Früher mussten die Pferde ja dem Menschen gehorchen. Das ist nun eine ganz andere Art, an die Tiere ranzugehen. Sie basiert auf Partnerschaft.“ (mz)