Nachbarschaftsstreit Nachbarschaftsstreit: Zoff bei Leunas Schlichtern

Leuna - Es geht üblicherweise um den stinkenden Kompost des Nachbarn, die berühmte hohe Hecke, zu laute Musik, Streit um Grundstücksgrenzen: Bis zu acht Mal im Jahr greift die ehrenamtliche kommunale Schiedsstelle in Leuna ein, wenn sich Menschen nicht mehr vertragen. Bevor die Fälle bei der Justiz landen, sollen sie im Idealfall geschlichtet werden, um so Gerichte zu entlasten. In Leuna kann vom Idealfall derzeit allerdings keine Rede mehr sein: Ausgerechnet in der Schiedsstelle selbst schwelt seit Monaten ein Streit, bei dem keine Lösung in Sicht scheint. Ein Mitglied spricht sogar von Schikane und Mobbing.
Streit ums Rasenmähen
Die 73-jährige Ilse Lippold ist nach eigenen Angaben seit sieben Jahren in der dreiköpfigen Schiedsstelle. Begonnen, sagt die ehemalige Laborantin und Versicherungsfrau, habe ihr Ärger in einem Gespräch mit der Schiedsstellen-Leiterin und einer Stadt-Mitarbeiterin im August 2015. Es habe Beschwerden von Nachbarn über sie gegeben, sei ihr gesagt worden. Dann sei sie beurlaubt worden, so Lippold. Die Rentnerin hat dagegen protestiert, hat sich einen Anwalt genommen. Es hat mittlerweile Gespräche in der Stadtverwaltung gegeben, auch beim Amtsgericht Merseburg, das die fachliche Aufsicht über die Schiedsstelle hat.
Die 73-Jährige beklagt, ihr sei nicht einmal erklärt worden, worum genau es bei der Beschwerde der Nachbarn überhaupt ging. Lippold hat nur eine Ahnung: dass es eine Auseinandersetzung ums Rasenmähen an einem Samstag war. Sie könne sich auch die plötzliche Abneigung ihrer Kollegen in der Schiedsstelle nicht erklären, so die Leunaerin. In der sitzt sie nach wie vor - nach ihren Protesten sei eine Beurlaubung plötzlich bestritten worden. Inzwischen werde sie aber wie Luft behandelt oder sogar allein um Dunkeln sitzen gelassen, weil noch vor Ende der Sprechzeit das Licht gelöscht werde. „Ich werde schikaniert aus Gründen, die ich nicht kenne“, sagt Lippold.
Schiedsstelle fürchtet um ihr Ansehen
Stadt und Schiedsstelle selbst ist das Thema offenbar unangenehm. Bürgermeisterin Dietlind Hagenau (parteilos) möchte sich nicht äußern. Die Schiedsstellenvorsitzende eigentlich auch nicht. „Es gab keine Beurlaubung und es gibt kein Mobbing“, sagt sie lediglich strikt - und verweist zurück zur Stadt. Man fürchtet um das Ansehen der Schiedsstelle - und auch der Stadt, wie Verwaltungs-Fachbereichsleiter Ekkehard Lörzer sagt. „Uns ist das ganze nicht Recht.“
Auch Lörzer betont, es habe keine Beurlaubung gegeben - das könne nur ein „großes Missverständnis bei Frau Lippold“ sein. Die Schiedsfrau, sagt Lörzer, solle auch nicht wegen der Nachbarschaftsbeschwerde, in der ihre Tragbarkeit in Frage gestellt wird, aus dem Amt gedrängt werden. Dieser Nachbarschaftsstreit, zumal wenn er nicht selbst vor der Schiedsstelle lande, spiele keine Rolle. Beurlauben oder abberufen könne im Übrigen nur der Richter, „aber da sind die Hürden hoch“. Die Stadt sei nicht zuständig - sie könne die Ämter bei Rücktritten nur neu ausschreiben.
Fronten verhärten sich
Ihr sei der Rücktritt nahe gelegt worden, sagt Lippold. „Mich davonjagen lassen wie einen Hund? Das geht nicht“, findet sie - auch wenn sie schon an Rücktritt gedacht hat. Lörzer sagt, er habe allen drei Mitgliedern die Rücktrittsoption erklärt - als Möglichkeit, die Situation zu entschärfen. Und nun? „Die Fronten scheinen sich zu verhärten“, sagt Lörzer. „Wir wissen auch nicht, wie wir da rauskommen.“ Vermutlich werde jetzt der Bundesverband der Schiedsleute zu Rate gezogen. (mz)