1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Saalekreis
  6. >
  7. Tonnenweise Abfallstoffe: Mueg aus Braunsbedra: Entsorger hat den Geiseltalsee erst möglich gemacht

Tonnenweise Abfallstoffe Mueg aus Braunsbedra: Entsorger hat den Geiseltalsee erst möglich gemacht

Von Diana Dünschel 05.08.2018, 13:02
Ulf Leistikow ist heute Geschäftsführer der Mueg. Hier steht er in Beuna, wo Betonbruch zerkleinert und dann als Straßenunterbau verwendet wird.
Ulf Leistikow ist heute Geschäftsführer der Mueg. Hier steht er in Beuna, wo Betonbruch zerkleinert und dann als Straßenunterbau verwendet wird. Peter Wölk

Braunsbedra - Der Geiseltalsee ist heute ein Kleinod und Anziehungspunkt für immer mehr Touristen. Dabei hätte es ihn nie gegeben ohne die Mitteldeutsche Umwelt- und Entsorgung GmbH (Mueg) aus Braunsbedra. Denn nach dem Ende des Kohleabbaus blieben auf dem Tagebaugelände, genauer gesagt auf der Innenkippe Leonhardt, 64.800 Tonnen abgelagertes Säureharz und Bleicherde aus der benachbarten ehemaligen Raffinerie des Mineralölwerks Lützkendorf übrig.

Sie mussten erstmal entsorgt werden, bevor die Flutung des Sees mit Saalewasser starten konnte. Nur wie, das wusste keiner. Das neue Verfahren dazu entwickelte erst die Mueg, die heute längst international in der Altlastensanierung tätig ist.

Erfolgsgeschichte aus dem Geiseltal: Aus der Braunkohle-Industrie zum Umweltschutz

Begonnen hat diese Erfolgsgeschichte aus dem Geiseltal, als der Diplom-Bergbauingenieur Heinz Keller mit 14 Leuten des ehemaligen Hauptingenieurbereiches des Braunkohlenwerkes Geiseltal nach Braunsbedra ging. Ins Haus des ehemaligen Baubetriebes der Kohle zogen am 14. September 1990 Ingenieure, Technologen, Geologen und Hydrologen ein, um ein Ingenieurbüro zu bilden, das entschlossen war, sich der Umweltproblematik anzunehmen.

Im Dezember desselben Jahres erfolgte dann mit den Gesellschaftern Mibrag Vereinigte Mitteldeutsche Braunkohlenwerke AG und der RWE Entsorgung AG die eigentliche Firmengründung.

Altlasten in Boden und Wasser: So machte sich die Mueg einen Namen

Der damals zum Geschäftsführer ernannte Heinz Keller erinnert sich heute an die Anfänge so: „Wir haben die Anlage dazu aus Kanada geholt. Das Säureharz wurde im Kraftwerk Schwarze Pumpe bei Spremberg mit Kohle gemischt und verbrannt.“ Die Mueg machte sich damit sowie mit der Rekultivierung von kontaminiertem Boden und Wasser einen Namen.

Das Betriebs-Know-how wurde an vielen Stellen gebraucht. In Spitzenzeiten gab es später laut Heinz Keller über 600 Mitarbeiter. In ganz Deutschland entstanden zehn verschiedene Betriebsteile der Mueg, etwa in Bitterfeld, Lochau, Asendorf, Peres, Deuben und Espenhain, in Gegenden gewissermaßen, deren Landschaft durch die Tagebaue der mitteldeutschen Braunkohlenindustrie und der Chemie über Jahrzehnte geprägt war und damit auch durch Ascheregen aus der Luft und andere Umweltverschmutzungen vor allem der Gewässer. Im Jahr 1994 entstand das repräsentative Verwaltungsgebäude in der Geiseltalstraße in Braunsbedra.

Projekte in der Region, aber auch international

Zu den Aufgaben, die in den Folgejahren vor Ort bewältigt wurden, gehörten die Grundwassersanierung in Leuna oder die Tiefenbelüftung für den Runstedter See, ein ehemaliger gefluteter Geiseltaler Tagebau, in den jahrelang Kraftwerksaschen und andere Industrierückstände der Leunawerke eingeleitet wurden.

Dazu kamen internationale Projekte zum Beispiel in Slowenien. Und noch heute, mit 75 Jahren, lässt Keller das Thema Abfall nicht los. Er ist Chef einer kleinen Firma und beschäftigt sich gerade mit internationalen Partnern mit einem neuen Verfahren der Klärschlammtrocknung.

Die Mueg baut noch heute auf den gemachten Erfahrungen auf. Aktuell ist sie Arbeitgeber für 240 Menschen und nach wie vor in Sachen Umwelttechnologie international am Start, etwa in Indien und Russland, sagt Ulf Leistikow, Geschäftsführer Vertrieb und Technik.

Entsorger Mueg: „Wir möchten Landschaften wieder nutzbar machen“

Altlastensanierung, Aufbereitung und Entsorgung von Säureteeren und Ölschlämmen, die Beseitigung kontaminierter Böden oder die Sanierung von Deponien sind Aufgaben, denen sich die Firma stellt. Ersatzbrennstoffe werden hergestellt und gipshaltige Abfälle zu Rohstoffen für die Gips- und Zementindustrie aufbereitet, wie aus der Internetpräsentation hervorgeht. „Wir möchten Landschaften wieder nutzbar machen. Von ihnen sollen keine Gefahren mehr ausgehen“, sagt der Chef.

Aktuell beschäftigt ihn vor allem, dass das Wissen der langjährigen Beschäftigten nicht verloren ist, wenn sie jetzt nach und nach in den Ruhestand gehen. „Für uns gibt es keinen Lehrberuf“, betont Ulf Leistikow. „Jeder, der bei uns anfängt, muss neu lernen.“ Überhaupt sei kein Projekt wie das andere. Außerdem stelle man sich bewusst immer wieder unbekannten Themen. Und nicht zuletzt entwickle sich die Gesetzgebung immer weiter. Auch darauf müsse man reagieren.

Vision für die Zukunft: Vom Abfallentsorger zum Recycler

Danach gefragt, wo er die Mueg in zehn Jahren sieht, hat der Geschäftsführer klare Vorstellungen: „Wir werden vom Abfallentsorger zum Recycler“, kündigt er an. „Wir bringen Materialien wieder zurück in den Wirtschaftsprozess.“ Als Beispiele nennt er Gummi, Gips und Gießereisande. Es gebe da viele Ideen. Eine wird in Beuna schon umgesetzt: Betonbruch von Abbruchmaßnahmen jeder Art - Grenzwerte dürfen natürlich nicht überschritten werden - wird zerkleinert und zum Beispiel als Straßenunterbau wieder eingesetzt. (mz)

Heinz Keller hat die Mueg 1990 gegründet. Ihre erste Aufgabe war die Entsorgung von im Tagebau Geiseltal abgelagertem Säureharz. Die Becken befanden sich etwa an der Stelle, wo heute der Hafen-Parkplatz von Braunsbedra ist.
Heinz Keller hat die Mueg 1990 gegründet. Ihre erste Aufgabe war die Entsorgung von im Tagebau Geiseltal abgelagertem Säureharz. Die Becken befanden sich etwa an der Stelle, wo heute der Hafen-Parkplatz von Braunsbedra ist.
Peter Wölk