Kritik an Polizeieinsatz Kritik an Polizeieinsatz: War Razzia bei der Schweinezucht in Großkayna unbegründet?

Grosskayna - Wenn Judith und Sönke Schmidt über den Dienstagmorgen sprechen, ist der Ärger immer noch groß. An diesem Tag führte die Bundespolizei mit Hubschrauber und Großaufgebot eine Razzia auf dem Firmengelände der Schweinezucht Saza bei Großkayna durch. Diese war Teil einer konzertierten Aktion in ganz Mitteldeutschland gegen eine Gruppe, die Osteuropäer über Zeitarbeitsfirmen in deutschen Zuchtbetrieben ausbeuten sollen. Bei der Razzia auf dem Gelände der Saza stellten die Beamten einen Moldawier fest, dessen rumänischer Ausweis vermutlich gefälscht war.
Kritik: Wie soll es da uns auffallen, dass der Pass gefälscht ist“
„Sie können auch zehn Mal wiederkommen, mehr würden sie nicht finden“, schimpft Judith Schmidt. Sie, die Geschäftsführerin, und ihr Mann, der Gesellschafter der Saza, sehen sich und ihre Firma zu Unrecht am Pranger. Die Razzia sei Steuerverschwendung gewesen. Es hätten auch zwei statt der 100 Beamten kommen können, die hätten die gleichen Unterlagen zu sehen bekommen, sagt die Geschäftsführerin. „Wir haben sieben Mitarbeiter aus dem EU-Ausland, die sind weder über Schleuser noch über Zeitarbeitsfirmen her gekommen.“ Die Firma sei auf ausländische Mitarbeiter angewiesen, weil sich nicht genug heimische finden würden. Deswegen habe man eine internationale Daueranzeige bei der Arbeitsagentur geschaltet.
Sönke Schmidt zeigt Arbeitsunterlagen des vermutlich moldawischen Mitarbeiters, die Anmeldung bei der Ausländerbehörde, beim Einwohnermeldeamt, bei der AOK. Ein Dolmetscher würde mit jedem neuen Mitarbeiter die Ämter abfahren, sagt er. „Der Ausländerbehörde ist nicht aufgefallen, dass der Pass gefälscht ist. Wie soll es da uns auffallen?“ Schmidt zeigt den Arbeitsvertrag. Demnach verdienen die ausländischen Mitarbeiter 1650 Euro brutto pro Monat für eine 40-Stunden-Woche. Das seien 40 Cent über Mindestlohn, betont Schmidt. Für die Unterkunft auf dem Gelände würden sie 70 Euro warm zahlen. Dort würden aber nicht nur ausländischen Angestellte leben, sondern auch Deutsche.
Geschäftsführer der Saza keine Verdächtigen, sondern Zeugen der Razzia
Insgesamt hat die Saza laut der Geschäftsführerin gut 50 Mitarbeiter. „Wie sollen da, wie von der Polizei behauptet, 30 Illegale darunter sein?“ Diese Zahl taucht allerdings auch in einer Antwort des Landkreises zur Saza auf. Bei einer ersten Maßnahme, an der das Ausländeramt im Vorjahr beteiligt gewesen sei, seien 30 illegal beschäftigte Ukrainer festgestellt worden. Das sei eine Kontrolle des Zolls gewesen, erklärt Judith Schmidt auf Nachfrage. Damals habe man noch mit einer Zeitarbeitsfirma zusammengearbeitet, den Vertrag nach dem Vorfall aber gekündigt.
Seit Ende vergangenen Jahres stelle man die Mitarbeiter nun direkt an. Deshalb ärgert das Ehepaar die aktuelle Razzia so: „Wir wissen nicht, was auf anderen Betrieben los ist, aber wir werden in einen Strudel hineingezogen.“ Ihr Mann betont, dass sie die Razzia nicht als Beschuldigte, sondern als Zeugen über sich ergehen lassen mussten. Markus Pfau, Kripoleiter bei der Bundespolizei Halle, bestätigt, dass die Geschäftsführer der Saza derzeit keine Beschuldigten seien. „Wir wissen noch nicht, ob die Firmen Bescheid wussten.“ Das müssten die weiteren Ermittlungen zeigen. Es sei also zum jetzigen Zeitpunkt möglich, dass die Saza unschuldig sei.
Polizei weist Kritik zurück: Größe der Razzia gerechtfertigt
Pfau rechtfertigte derweil die Größe des Polizeiaufgebots. Bei Ermittlungen zu organisierter Kriminalität sei erfahrungsgemäß mit „eingeschränkter Kooperationsbereitschaft“ zu rechnen: „Zudem machten Größe und Ausprägung der durchsuchten Mastanlage den gewählten Kräfteansatz erforderlich.“ Der Kripobeamte wies auch den von Sönke Schmidt erhobenen Vorwurf zurück, die Beamten hätten bei der Razzia gegen den Seuchenschutz verstoßen.
Der habe bei der Planung des Einsatzes viel Zeit in Anspruch genommen. „Alle Maßnahmen waren mit dem Veterinäramt abgesprochen.“ Indirektes Lob bekam die Saza vom Kreis. Der teilte auf Anfrage mit, dass man sich mit der Leitungsebene in konstruktivem Austausch befinde. Schmidt habe sich nach der Kontrolle 2018 über die Rechtslage informiert und diesmal seien keine offensichtlich illegal beschäftigten Personen festgestellt wurden. (mz)
