Holz aus Windbruch Holz aus Windbruch: Tischlerei bedient veränderte Wohnphilosophie von Kunden

Halle (Saale)/Pfützthal - Vorn ein großer Berg Baumstämme, hinten alte Weiden und wiederum kurz dahinter die Saale: Man könnte denken, man ist im Wald. Doch weit gefehlt, es ist nur der Hof einer sehr modernen Tischlerei, die freilich zwischen Fluss und Berg auf idyllischste Weise ins malerische Saaletal eingezwängt ist - durchaus ungewöhnlich für einen gar nicht so kleinen Betrieb. Und erst recht ungewöhnlich ist dieser gewaltige Berg von ihrerseits gewaltigen Baumstämmen, schließlich ist eine Tischlerei ja kein Sägewerk.
Doch was Jan Hillger, einer der Chefs in diesem mittlerweile über 40 Jahre alten Familienunternehmen im Salzmünder Ortsteil Pfützthal, da hat anliefern lassen, ist das Material für eine besondere Aktion. Sie hat zu tun mit den großen, im halleschen Stadtwald Heide angefallenen Mengen von Windbruchholz nach den Stürmen des Jahres 2015. Solches Holz droht üblicherweise schnell zu Feuerholz zu werden.
Möbel aus Bruchholz als Heimatholz fürs Herz
Doch es sind zum Beispiel Eichen darunter - und genau um die geht es hier: Besonderes, „uraltes Holz von hier!“. Das offeriert Hillger seinen Kunden als etwas, das weit über den jeweils vorgesehenen Nutzungszweck hinausgeht: Als Heimatholz fürs Herz sozusagen. Und als etwas, woran es vielen Leuten in den letzten Jahrzehnten gefehlt hat: Stücke, mit denen man sich identifizieren und die man - wie früher üblich - auch an die nächste Generation weitergeben kann.
Hillger hat sich für sein Heide-Eichen-Projekt eigens einen Stempel machen lassen, der als Echtheitszeichen auf das jeweilige Holz aufgedampft wird - gestaltet vom Designer natürlich. Und je nach Geschmack wird der Originalholz-Charakter etwa auch in Gestalt von Rindenteilen dem jeweiligen Stück belassen. Gelegentlich, so erzählt der Tischlermeister, hätten Kunden bei der Bearbeitung sogar mitwirken dürfen. Warum? „Meistens“, sagt der Pfützthaler Holzspezialist, gehe es den Kunden „nur ums Unikat“. Sprich um das Bewusstsein, etwas zu erwerben, das man allein hat, etwas mit Identifikationspotenzial. Die Kaufentscheidung bei Holz sei „nicht rational sondern emotional“.
Tischlerei in Pfützthal: Auch Designerküchen oder andere Komplettlösungen
Freilich, das Holz fürs Herz ist nur ein kleiner Teil dessen, was Hillgers Firma mit ihren 13 Beschäftigten produziert. Und eigentlich sogar eher untypisch für einen so hochmodernen und teilweise automatisierten Betrieb, der etwa auch Designerküchen oder andere Komplettlösungen - oft im engen Zusammenspiel mit Innenarchitekten - baut: Übrigens auch aus neuesten und vielfach optimierten Werkstoffen, die durchaus nicht immer was mit Holz zu tun haben.
Gegenstücke zu diesen Wohnwelten von heute und für morgen gibt es übrigens gleich über die Straße in dem ebenfalls von Hillgers Familienbetrieb betriebenen „Kuhstall Pfützthal“ zu bewundern: Eine riesige Feier-Oase, deren Inventar aus Fund- und Sammelstücken der ganzen Region fantasievoll zusammengesetzt ist. Und selbstverständlich auch dies mit viel Holz und viel Herz. (mz)
