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Fehlende Lehrer, mehr Belastung Fehlende Lehrer, mehr Belastung: Warum ein Schulleiter nach elf Jahren aufgibt

Von Robert Briest 07.11.2019, 06:00
Blick in ein Klassenzimmer
Blick in ein Klassenzimmer dpa-Zentralbild

Schkopau - „Er ist Direktor aus Berufung“, pries ihn Sven Ebert (AfD) Vorsitzender des Schkopauer Bildungsausschuss kürzlich und drückte sogleich sein Unverständnis aus, wie das Land einen solchen Mann gehen lassen kann. Auch Bürgermeister Torsten Ringling sprach angesichts des bevorstehenden Abgangs von einem Verlust. Es geht um Olaf Rauchfuß, Leiter der Grundschule Schkopau. Noch. Denn zum 1. Februar 2020 gibt er diese Funktion auf, will künftig nur noch Lehrer sein.

Der Schritt ins zweite Glied nach elf Jahren Schulleitung erfolgt jedoch nicht aus Altersgründen, Rauchfuß ist 53, sondern aus Frustration. Das wird deutlich, wenn man sich mit dem Pädagogen über seine Beweggründe unterhält. „Ich muss für mich ein Zeichen setzen“, sagt er. „Es war für mich nicht leicht, diese Entscheidung zu treffen. Aber es ist für mich einfach die logische Konsequenz aus dem, was ich die letzten Jahre erlebt habe.“

Arbeitsaufwand immer mehr gestiegen

Der Arbeitsaufwand sei immer mehr gestiegen, klagt er und zählt auf: Schulkonto verwalten, dienstliche Beurteilungen schreiben, Statistiken führen und so weiter. Hinzu kämen immer neue Vorgaben von oben: „Da kriegt man nie Struktur rein.“ Das Kollegium, das Rauchfuß sehr lobt, werde dadurch unzufrieden: „Wir haben uns vor nichts gedrückt, versucht alles umzusetzen. Wir sind auch Inklusion und Integration angegangen. Aber es fehlten die Lehrer.“

Jahrelang sei seine Schule personell am Limit gewesen. Eine Lehrerin sei das ganze vergangene Schuljahr ausgefallen. Er habe als Klassenlehrer einspringen müssen. Nun habe er 240 Überstunden, die er abbummeln soll. Aber dann würde halt jemand anders Stunden ansammeln, sagt Rauchfuß, der mit seiner Schule zuletzt einen internationalen Austausch organisierte. Er klagt auch, dass er anders als Kollegen an weiterführenden Schulen keinen Einfluss auf die Personalauswahl habe. Erst in diesem Jahr sei die Unterrichtsversorgung mit elf Lehrern in Ordnung. Zu spät. Rauchfuß hat sich bereits im Sommer für seinen Abgang entschieden.

„Die alten Lehrer werden einfach so stehen gelassen“

Der hat aber nicht nur mit hoher Arbeitsbelastung und Lehrermangel zu tun. Sondern auch mit der Verbeamtungspolitik des Landes. Das lockt junge Pädagogen auch mit der Aussicht auf Verbeamtung. Rauchfuß hat damit angesichts des Wettbewerbs um Lehrkräfte zwischen den Ländern kein Problem, sagt er: „Aber die alten Lehrer werden einfach so stehen gelassen.

Wir haben im Lehrerzimmer eigentlich eine Zweiklassengesellschaft. Mir fehlt da die Wertschätzung gegenüber älteren Kollegen.“ Fehlende Wertschätzung durch die übergeordneten Stellen, das ist die häufigste Klage des Schulleiters, der beim Thema Verbeamtung einen klaren Wunsch hat: „Alle oder keiner.“

Er will sich nicht mehr umstimmen lassen

Auch er selbst wäre gern Beamter geworden. Doch das sei bisher nicht erfolgt, berichtet er, was nun zur Situation führe, dass er im Dienstverhältnis mit dem Land tiefer stehe als manch Berufsanfänger. Das Landesschulamt hat sich gegenüber der MZ bisher nicht zu den Klagen des scheidenden Schulleiters geäußert. Antworten sollen im Laufe der Woche folgen. Mit ihm habe das Landesschulamt gesprochen, sagt Rauchfuß.

Allerdings ohne Erfolg. Er will sich nicht mehr umstimmen lassen, aber gern als Lehrer seine Arbeit weiterführen – nur halt mit weniger Verantwortung. Die muss ab Februar jemand anderes übernehmen. Sollte die Behörde bis dahin keinen Nachfolger gefunden habe, wäre es nicht unwahrscheinlich, dass zunächst einer von Rauchfuß verbeamteten Kollegen in die Pflicht genommen wird. (mz)