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Details zum Familiendrama Familiendrama in Brachstedt: Jäger soll Ehefrau ermordet haben - Sein Suizid scheiterte

Von Oliver Müller-Lorey 11.05.2017, 17:35
Polizeiautos vor dem Haus des Tatverdächtigen in Brachstedt
Polizeiautos vor dem Haus des Tatverdächtigen in Brachstedt Günter Bauer

Brachstedt - Eine Überwachungskamera zeichnet jeden auf, der an dem mintgrün gestrichenen Haus in Brachstedt (Gemeinde Petersberg) vorbeigeht. Der Besitzer des Hauses, ein 63-jähriger Mann, hat sie vor Jahren an seiner Hofeinfahrt angebracht. Nicht aufzeichnen konnte sie, welches schreckliche Verbrechen sich im Inneren des Zweigeschossers abgespielt hat.

Nach Erkenntnissen von Polizei und Staatsanwaltschaft soll der Mann - ein Hobby-Jäger - seine 56-jährige Ehefrau mit einer Schusswaffe getötet und dann versucht haben, sich selbst zu erschießen. Der Mann überlebte aber.

Hobbyjäger soll Ehefrau erschossen haben - Tochter verständigte die Polizei

„Er ist vernehmungsfähig, liegt derzeit im Krankenhaus und macht von seinem Recht Gebrauch, sich nicht zu äußern“, sagte Staatsanwalt Klaus Wiechmann der MZ. Man gehe derzeit davon aus, dass er seine Frau erschossen hat. Ermittelt werde wegen Totschlags.

Wann sich die Tat ereignete, das untersuchen derzeit noch die Rechtsmediziner. Klar ist nur: Die Tochter des Ehepaars hatte sich am Mittwochabend gegen 21 Uhr bei der Polizei gemeldet, weil sie ihre Eltern nicht erreichen konnte. Die herbeigerufenen Beamten machten im Haus dann die schreckliche Entdeckung.

Einen Tag danach ist die Bluttat Dorfgespräch Nummer eins. Vor dem Haus steht ein Polizeiwagen, aus dem zwei Beamte auf den Eingang blicken. Der ist mit einem Siegel versehen. Auf den Straßen ist nur wenig los, aber hier und da stecken ein paar Dorfbewohner die Köpfe zusammen.

Spurensuche in Brachstedt: Dorfbewohner beschreiben Ehepaar als unbeliebt

Alle kannten das Ehepaar, das viele als menschlich nicht einfach beschreiben. Der Mann soll unbeliebt gewesen sein, ein Querulant, der seine Nachbarn gängelte und auch vor Anzeigen und Klagen nicht zurückgeschreckt sein soll.

So erzählt etwa Manfred Lennecke, der wenige Meter vom Tatort entfernt wohnt, dass er häufig mit dem Mann aneinandergeraten sei. Im Streit sei es etwa um falsch geparkte Autos gegangen, Efeu, der über die Grundstücks-Mauer wächst, oder die Kameras des Mannes, die zunächst den ganzen Dorfplatz überwacht haben sollen. Vor allem mit den Hundebesitzern im Ort soll er sich angelegt haben.

Einer von ihnen ist Bernd Saliger, der sich an einen Vorfall vor sechs Jahren erinnert. In den Feldern am Ortsrand sei er mit seinem Schäferhundwelpen spazieren gegangen. Der Hund sei in die Nähe des Hobby-Jägers gelaufen, der daraufhin äußerst wütend reagiert und sogar mit seiner Waffe gedroht haben soll.

„Hast Glück, dass ich meine Pistole nicht dabei habe“

„Seine Frau hat gesagt: ,Hol deine Pistole’, und er hat sich an die Brusttasche gegriffen und gesagt: ,Hast du ein Glück, dass ich meine Pistole nicht dabei habe!’“ Später habe der Hobby-Jäger dann mehrere Tausend Euro Schmerzensgeld für den angeblichen Hunde-Angriff verlangt. „Aber als die Polizei gesehen hat, dass es ein Welpe war, haben die sich nur kaputtgelacht“, sagt Saliger.

Über das Verbrechen sei er nicht überrascht, schließlich habe der Mann auch andere Leute im Dorf bedroht. „Uns geht das nicht nahe. Es war vorauszusehen, dass da irgendwann was kommt.“

Mehrere Brachstedter wundern sich am Donnerstag darüber, dass der Hobby-Jäger überhaupt noch eine Waffe besitzen durfte - schließlich habe er Nachbarn gedroht. Und einige erzählen auch von einer entsprechenden Durchsuchung der Polizei, die die Waffen des Mannes einkassiert haben soll.

Verdächtiger hat Waffenschein seit 20 Jahren  - „Völlig unauffällig“

Doch Gerüchte, dass dem Mann wegen des Vorfalls mit dem Hund der Waffenschein entzogen wurde, können weder Polizei noch Staatsanwaltschaft oder die Waffenbehörde des Saalekreises bestätigen. Wie dessen Sprecherin, Kerstin Küpperbusch, sagte, habe der Hobby-Jäger seinen Waffenschein schon seit 20 Jahren und sei völlig unauffällig. Auch Staatsanwalt Wiechmann sagte: „Er hatte mehrere Kurz- und Langwaffen. Er war dazu berechtigt.“

Trotzdem, heißt es, sei er in den vergangenen Jahren kaum noch zur Jagd gegangen und nur noch selten draußen gesehen worden. Fragt man nach den Gründen, hört man wieder viele Gerüchte, die von einer Raps-Allergie bis zum Entzug der Jagdlizenz reichen.

Es wird viel erzählt über den 63-Jährigen, und kaum jemand scheint mit ihm gesprochen zu haben. Im Ort leitete er offenbar eine Handwerksfirma, die er einst von seinem Vater übernommen hatte.

Ehefrau galt als „eine ganz Liebe“

Von der Toten, seiner Ehefrau, hatten die meisten Dorfbewohner ein besseres Bild. Sie habe im Gegensatz zu ihrem Mann Kontakt gesucht, den sie aber nur schwerlich fand. Außerdem soll sie finanziell abhängig von ihm gewesen sein. „Es ist die falsche Person gegangen“, sagt eine Anwohnerin. „Das war eine ganz Liebe. Das tut mir so leid“, eine andere.

Die Ermittler suchen nun nach dem Motiv für das Verbrechen und werden alle Hinweise genau untersuchen. In der Rechtsmedizin werden die Tatwaffe und die Leiche weiter untersucht, unter anderem um zu klären, wann die Bluttat geschah. (mz)