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EM-Fieber in der Total-Raffinerie Leuna EM-Euphorie in der Total-Raffinerie Leuna: Bratwurst oder Croissant?

Von Dirk Skrzypczak 07.07.2016, 15:26
Deutsch-französische Freundschaft: Jacob Goltz (rechts) und Godfred Mante sitzen am Donnerstagabend zusammen vor dem Bildschirm.
Deutsch-französische Freundschaft: Jacob Goltz (rechts) und Godfred Mante sitzen am Donnerstagabend zusammen vor dem Bildschirm. Peter Wölk

Leuna - Godfred Mante und Jacob Goltz haben ihr gemeinsames Büro im „Aquarium“ der Total-Raffinerie Leuna, dem gläsernen Büro-Quader direkt am Eingang zum Werk. Beide arbeiten im Finanz-Controlling des Unternehmens. Beide sind glühende Fußballfans und Freunde. Aber Donnerstagabend schlagen ihre Herzen für unterschiedliche Mannschaften. Mante, 28, Franzose, drückt im Halbfinale der Fußball-EM natürlich „Les Bleus“ die Daumen; Goltz (22) hofft, dass der Weltmeister gewinnt. Beide wollen die Partie zusammen in Leipzig gucken, entweder beim Public Viewing oder gemütlich in einer Kneipe.

Das große Nachbarschaftsduell in Marseille rückt das Interesse auch auf die Raffinerie Mitteldeutschland und die bewegte deutsch-französische Historie am Chemiestandort. Als vor 100 Jahren der Grundstein für das Ammoniak-Werk in Leuna gelegt wurde, befanden sich beide Nationen im Krieg. Deutschland brauchte Salpeter für die Munitionsproduktion. Und es ist ein großes Ausrufezeichen der Geschichte, dass es ausgerechnet die Franzosen waren, die nach 1990 einen wesentlichen Beitrag zum Erhalt des mitteldeutschen Chemiedreiecks leisteten. Fünf Milliarden D-Mark sind seinerzeit in den Bau von Europas modernster Erdölraffinerie geflossen. Eine Milliarde Euro kam in den Jahren durch Wartung und Modernisierung noch dazu. Heute arbeiten 680 Frauen und Männer aus acht Nationen in der Raffinerie, darunter übrigens nur acht Franzosen. Dennoch steht für Raffinerie-Sprecher Stefan Möslein fest: „Egal, wer das Spiel auch gewinnt. Als Unternehmen sind wir immer der Sieger.“

Tatsächlich haben gerade Godfred Mante und Jacob Goltz schon mehr als einmal bewiesen, dass sie auch außerhalb ihres Jobs gut harmonieren. Beide spielen in der „Profimannschaft“ der Raffinerie Fußball. Der lustige und aufgeschlossene Franzose, der in Strasbourg aufgewachsen ist und dessen Eltern aus Ghana stammen, wohnt in Leipzig und ist Flügelflitzer. Und Goltz, der gebürtige Beesenstedter, der jetzt in Merseburg lebt, sorgt als defensiver Mittelfeldspieler vor der Abwehr für Ordnung.

Vor einem Jahr sind sie mit ihrem Team bei der Total-WM in Südfrankreich angetreten. 20 Mannschaften aus den Konzernstandorten rund um den Globus waren gegeneinander angetreten. Die Leunaer wurden 13. Zudem sind sie auch noch im Touch-Rugby-Team der Raffinerie aktiv. Und als ob das nicht genug wäre, kicken sie „privat“ ebenfalls in Fußballmannschaften, Mante beim SCUM Weißenfels, Goltz beim SV Beesenstedt. „Ich denke, Frankreich wird 2:1 gewinnen. Wir haben den Heimvorteil“, meint der 28-Jährige und kündigt an, die Nationalhymne vor dem Anpfiff so laut wie möglich mitsingen zu wollen. Seit zwei Jahren ist er in Deutschland. In Leuna zu arbeiten, sei sein Wunsch gewesen. „Ich fühle mich wohl und verstehe die Region als Heimat. Aber ich bin natürlich Franzose. Vor allem während des Spiels.“ Goltz hält sich da etwas zurück, verweist auf die taktischen Vorteile des Löw-Teams und tippt auf ein 1:0 für die Deutschen.

Eine Frau, die erahnen könnte, wie das Halbfinale tatsächlich endet, ist Svenja Fenger. Die 34-Jährige arbeitet in der Personalabteilung der Raffinerie und liegt beim innerbetrieblichen Leunaer Tippspiel in Führung. „ Ich vertraue auf die Ratschläge von meinem Freund“, gibt sie zu. Allerdings höre sie am Donnerstagabend eher auf ihr Gefühl. Und die weibliche Intuition sage ihr, dass der Gastgeber am Ende jubelt - 2:1. Übrigens hat auch Svenja Fenger längst das Fußballvirus gepackt. Seit Februar spielt sie selbst bei Roter Stern Halle und arbeitet, wie sie sagt, an ihrer Fachkompetenz. (mz)