"Eine stressige Zeit" "Eine stressige Zeit" : So heftig hat die Pandemie Bestattungen verändert

Bad Lauchstädt - Steigende Todeszahlen in der Pandemie bedeuten auch eine schwere Zeit für Bestatter. Sie müssen bei einem Infektionsfall von der Desinfektion der Särge bis zur Schutzkleidung für die Mitarbeiter etliche zusätzliche Vorsichtsmaßnahmen beachten. Das macht die Bestattung deutlich aufwendiger. Torsten Reiher, Inhaber des Bestattungshauses „Abendfrieden“ mit Sitz in Bad Lauchstädt und Filialen in Merseburg, Braunsbedra, Naumburg und demnächst auch wieder in Lützen, gibt einen Einblick in seinen Arbeitsalltag.
Mehr Bestattungen, aber keine langen Wartezeiten bis zur Beerdigung
Er macht klar, dass es für ihn und seine acht Mitarbeiter natürlich eine stressige Zeit sei. Gerade müsste etwa ein Viertel mehr Bestattungen organisiert und durchgeführt werden als üblich. Aber zum Ende eines jeden Jahres würden nach seiner immerhin 23-jährigen Erfahrung in der Branche die Sterbezahlen immer steigen. Er müsse jetzt aber nicht kurzfristig neue Mitarbeiter einstellen.
Es gebe auch keine langen Wartezeiten bis zur Beerdigung. Nur den besonderen Wunsch nach sehr kurzfristigen Terminen könne man nicht mehr erfüllen. Diese Einschätzung bestätigt Michael Kriebel, der Krematorien in Halle und Osmünde betreibt, wo auch Verstorbene aus dem Saalekreis eingeäschert werden. Er spricht von Überstunden und Wochenenddiensten. Aber es sei beherrschbar.
Kein Abschied möglich wegen Corona
Drei Dinge, sagt Torsten Reiher, hätten sich nach seiner Beobachtung aber tatsächlich verändert: die Abschiednahme von einem sterbenden Angehörigen, die Hygienevorgaben bei an Covid-19 verstorbenen Menschen und die Trauerfeiern. Immer wieder, so der Bestatter, würden ihm Angehörige berichten, dass sie ihren Angehörigen wegen Corona vor seinem Tod monatelang nicht besuchen und sehen konnten, etwa wenn er in einem Pflegeheim betreut oder in einem Krankenhaus versorgt wurde.
Dass kein Abschied, kein in den Tod begleiten möglich war, würde die allermeisten sehr belasten. Die Menschen würden eine Ohnmacht empfinden. Das behindere seiner Meinung nach die Trauerarbeit. Nur sehr wenige Tote, für die sein Bestattungsunternehmen seit Pandemiebeginn die Beerdigung organisierte, seien direkt an Covid-19 verstorben. Doch in diesen Fällen müsse jetzt ein spezielles Einbettungsprotokoll genauestens beachtet werden. „Bei uns wird Hygiene schon immer groß geschrieben“, betont Torsten Reiher.
Pandemie verändert Bestattungen: Kleiner Rahmen, keine Aufbahrung, weniger Trauerredner
Doch im Unterschied zur sonstigen Arbeit dürfe hier der Tote nicht mehr berührt werden. Angehörige könnten ihren Verstorbenen damit nicht mehr im eigenen Anzug oder im Lieblingskleid beerdigen. Auch eine Aufbahrung sei nicht möglich. Die Trauerfeiern hätten sich zwangsläufig mit verändert und damit ein Stück Trauerkultur, hat der Bestatter im vergangenen Dreivierteljahr beobachtet. Zum einen gab es lange Zeit und auch wieder aktuell Beschränkungen, wie viele Gäste bei einer Trauerfeier anwesend sein dürfen. Zudem wurden die Trauerhallen geschlossen und die Trauerfeiern nach draußen verlegt.
Dazu sei gekommen, dass potenzielle Trauergäste aus Angst und Vorsicht einer Trauerfeier fernblieben. Mit anderen Worten, alles finde zumeist in einem kleineren Rahmen statt. Aus seiner Sicht gehöre zur Trauerkultur aber auch das Mitgefühl zeigen und die Wertschätzung für einen Verstorbenen. Das alles leide. Die Situation wirke sich darüber hinaus auf Trauerredner aus, die deutlich weniger in Anspruch genommen würden. Das Bestattungshaus „Abendfrieden“ habe sich darauf eingestellt, sagt der Chef. Er oder seine Mitarbeiter würden eine kurze Rede anbieten, wenn die Feier nur im kleinsten Kreis durchgeführt wird. (mz)