"Sport hat sich Mühe gegeben" Corona und Sport: Vereine im Landkreis schauen sehnsüchtig nach Thüringen

Grossgräfendorf/Leuna - Der Nebel liegt schwer auf dem Grün des Großgräfendorfer Sportplatzes. Keine Sonne in Sicht. Die Luft ist eisig. Die Szenerie ausgestorben – und in ihrer Tristesse Sinnbild für die gegenwärtige Situation des Vereinssports im Land. Der liegt unterhalb der Profiligen seit vergangener Woche wieder brach. Eine Maßnahme der Politik gegen die steigenden Coronazahlen. Für die Sportler eine schwierige Lage.
Zwiespalt: Verständnis für Entscheidung der Politik, aber Verwirrung über Ausführung
„Mit der jetzigen Situation ist keiner zufrieden. Es ist aber niemand da der ausrastet“, fasst Maik Heinel die Stimmung in seinem Verein zusammen. Der stellvertretende Geschäftsführer des Kreissportbundes ist Vorsitzender des SV Großgräfendorf. Der hat 330 Mitglieder, davon sind gut 180 Kinder und Jugendliche. Ärger in Form eines Shit-storms in den sozialen Netzwerken habe es nur gegeben, als der Fußballkreisverband vor anderthalb Wochen entschied, schon am Wochenende, bevor der Lockdown light in Kraft trat, den Spielbetrieb abzusagen:
„Da kamen Vorwürfe nach dem Motto ,Jetzt nehmt ihr den Kindern auch noch dieses Spiel weg’. Aber wir wussten, dass schon einige Schiedsrichter und Spieler erkrankt waren“, berichtet Heinel. Dem Vereinschef ist der Zwiespalt anzumerken zwischen dem Verständnis für die politischen Entscheidungen und dem Sportlerherz. „Es ist natürlich schwer zu verstehen, dass Kinder in die Schule gehen, aber keinen Sport machen dürfen.“
„Der Sport hat sich Mühe gegeben, Dinge umzusetzen“
Wie Kollegen aus anderen Vereinen schielt er etwas sehnsüchtig nach Thüringen. Der Freistaat erlaubt seit Montag wieder Kinder- und Jugendsport. Die Großgräfendorfer waren im Mai mit die ersten, die diesen nach dem Lockdown wieder anboten. Der Verein hatte ein 16-seitiges Hygienekonzept verfasst, das Gelände aufgeteilt, die Mannschaften trainierten in Fünfergruppen.
All das ist derzeit nicht möglich: „Der Sport hat sich Mühe gegeben, Dinge umzusetzen“, sagt Heinel. Er findet: „Das Training draußen sollte zugelassen werden, auch in großen Hallen sollte es möglich sein.“ Die Vereine seien durchaus in der Lage, Maßnahmen umzusetzen. Notfalls könne man die Kabinentrakte sperren, in Kleingruppen arbeiten. Das Training auf einmal pro Woche begrenzen. Dann schiebt Heinel nach: „Das ist mein Wunsch, natürlich akzeptiere ich die Meinung von Wissenschaftlern. Es ist halt schwierig.“
Unterschiedliche Handhabe in den Ländern erschwere Verständnis für Corona-Maßnahmen
„Die Truppe ist unzufrieden“, resümiert auch Jürgen Schulze, Präsident des TSV Leuna. Im größten Sportverein des Kreises dürfen derzeit die Tennisspieler auf den Außenplätzen aufschlagen. Leichtathleten und Skiläufer würden individuell etwas machen. Teilweise hätten auch die Trainer anderer Sportarten ihren Aktiven Hausaufgaben mitgegeben, berichtet Schulze. Was fehlt sei die Gemeinschaft.
„Das ist belastend.“ Auch bei ihm ist der Zwiespalt herauszuhören. Verständnis ja, aber die unterschiedliche Handhabe in den Ländern erschwere es. Immerhin, so berichten Heinel und Schulze, blieben die Sportler den Vereinen bisher treu. In Großgräfendorf habe es bisher keine Coronabedingten Abmeldungen gegeben, in Leuna würden zwar einige Mitglieder gehen, aber aus Altersgründen oder wegen Wegzug. Im Frühjahr beim ersten Lockdown noch angedrohte Austritte seien ausgeblieben, berichtet der TSV-Chef.
„Einen richtigen Wettkampfbetrieb sehe ich nicht vor März"
Bei der SG Spergau sorgt sich der Vereinsvorsitzende Thomas Schmidt derweil schon, wie es weitergehen soll, wenn ab Dezember wieder Sport zugelassen wird. Er vermutet, dass das dann wieder nur in Kleingruppen erlaubt werde. Doch anders als im Frühjahr, werde es jetzt draußen früh dunkel, sei nass und kalt. Die Handballer seien zudem auf ihre Halle angewiesen: „Es fehlen noch die Ideen, wie wir damit umgehen, wenn es wieder losgeht.“
Die offene Frage ist derzeit für alle noch, wann es soweit ist. TSV-Chef Schulze glaubt nicht daran, dass 2020 noch ein Wettkampfbetrieb stattfindet. „Es wäre aber schön, wenn wir dieses Jahr wenigstens noch trainieren könnten.“ Maik Heinel ist wenig optimistisch. Er gehe davon aus, dass der Sport länger als – wie bisher angeordnet – bis zum 30. November aussetzen muss. „Einen richtigen Wettkampfbetrieb sehe ich nicht vor März. Aber da täusche ich mich hoffentlich“, sagt der Vereinschef. (mz)