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Radikaler Aufruf AfD im Saalekreis will Umsturz des Systems

Von Jan Schumann 23.01.2017, 02:00
Sieht sich gerne als Kümmerer: der AfD-Abgeordnete Gottfried Backhaus vor seinem Wahlkreis-Mobil in Allstedt.
Sieht sich gerne als Kümmerer: der AfD-Abgeordnete Gottfried Backhaus vor seinem Wahlkreis-Mobil in Allstedt. Maik Schumann/Archiv

Magdeburg - Die Debatte um eine mögliche Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz wird weiter angeheizt. Grund ist ein öffentlicher Aufruf der AfD im Saalekreis zu „Einigkeit und Patriotismus“, um „die letzte Chance zu nutzen und das System zu stürzen“.

Der Facebook-Aufruf ist überschrieben mit: „Gegen die wortverfälschende Lügenpresse und alle Spalter der Nation!“ In dem Beitrag wird die jüngste Rede des Thüringer AfD-Chefs Björn Höcke verteidigt, der mit Bezug zum Nationalsozialismus unter anderem „eine erinnerungspolitische Wende um 180 Grad“ gefordert hatte.

Seitdem hatte die Diskussion um eine mögliche Beobachtung der AfD Fahrt aufgenommen. SPD- und Unionspolitiker hatten bekräftigt, der Verfassungsschutz müsse die Partei im Auge haben.

Am Sonntag sagte Rüdiger Erben, SPD-Innenexperte im Landtag Sachsen-Anhalt, „die jüngsten Äußerungen aus dem Saalekreis sind von einer seltenen Klarheit“. Wenn nun der Vorwurf der Verfassungsfeindlichkeit laut werde, brauche sich die AfD „nicht in der Opferrolle fühlen.“ Äußerungen zum Systemsturz würden auch bei linken Gruppen „glasklar“ ein Grund zur Beobachtung sein.

Bekannter Rechtsaußen Hans-Thomas Tillschneider ist bei der AfD im Saalekreis organisiert

In dem AfD-Kreisverband sind unter anderem Vize-Landtagspräsident Willi Mittelstädt sowie die Abgeordneten Gottfried Backhaus und Hans-Thomas Tillschneider organisiert. „Das sind nicht irgendwelche Parlamentarier“, so Erben. Tillschneider gilt als Rechtsaußen, wollte zwischenzeitlich für den Bundestag kandidieren. Gottfried Backhaus ist Chef des Verbands.

Offenbar ist der Umsturz-Aufruf zudem Teil einer Intrige. Denn Kreischef Backhaus erfuhr erst am Tag nach der Veröffentlichung von dem Text. Er zeigte sich am Sonntag bestürzt, distanzierte sich umgehend. Der Aufruf sei ohne sein Wissen verbreitet worden. „Wir werden das gründlich aufarbeiten müssen.“

Seit Wochen gibt es im Vorstand Bestrebungen, den Chef abzusägen - Backhaus sieht auch Tillschneider als Strippenzieher. Anfang Januar hatte es bereits eine Attacke auf Backhaus gegeben, als Vorstandsmitglieder dessen Frau massiv in einem offenen Brief angriffen - dabei ist sie ebenfalls Teil des Vorstands. In der Verbandsführung herrscht eine Schlammschlacht, die mit öffentlichen Anschuldigungen geführt wird.

Die Saalekreis-AfD fiel zuletzt durch Anspielungen auf den Holocaust auf. So wurde Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) in einem öffentlichen Textbeitrag die provokante Frage gestellt, ob er zur Bundestagswahl Konzentrationslager errichten werde, um AfD-Wähler, -mitglieder und -förderer in Schutzhaft zu nehmen. (mz)