Abschaffung von Münzgeld Abschaffung von Münzgeld: Was spricht dagegen, was dafür?

Merseburg - Der Unmut ist groß: Eine Leserin will in einer Merseburger Bäckerfiliale Brot und Brötchen kaufen. Als es ans Bezahlen geht, zückt sie neben größeren Münzen auch eine Reihe von Kupferstücken. Doch die Verkäufer weigern sich, diese anzunehmen, obgleich sie gültige Zahlungsmittel sind.
Die Frau wendet sich an die MZ. Der Leiter der Bäckereikette dementiert, dass es in seinen Betrieben eine entsprechende Anweisung gäbe, Centmünzen in größerer Zahl nicht anzunehmen. Gleichwohl weist er auf die ökonomischen Probleme hin, die vor allem die Ein- und Zwei-Cent-Münzen für Unternehmen brächten.
EU zahlt für Kleinstmünzen drauf
Und nicht nur für diese: Der EU-Währungskommissar Olli Rehn wies vor vier Jahren daraufhin, dass die EU für die Kleinstmünzen bereits 1,4 Milliarden Euro darauf gezahlt hätten. Zumindest für das Cent-Stück liegt der Herstellungspreis nämlich über dem Wert. Ersteren bezifferte die Süddeutsche Zeitung auf 1,65 Cent pro Münze. Einige Länder wie Finnland prägen die beiden kleinsten Geldstücke des Euros deshalb gar nicht (siehe Kasten), Rechnungsbeträge werden bei Barzahlungen stattdessen gerundet. In Deutschland werden die Münzen hingegen weiter fleißig produziert. Derzeit beispielsweise 3,7 Milliarden Ein-Cent-Münzen pro Jahr.
Geht es nach Lothar Riese könnte sich dies gern ändern. Der Geschäftsführer der Personennahverkehrsgesellschaft (PNVG) Merseburg-Querfurt sagt: „Der Staat müsste sich Gedanken machen, die Kupfermünzen abzuschaffen.“ Für sein Unternehmen sind die ein Kostenfaktor, auch wenn es selten vorkomme, dass jemand sein Sparschwein schlachte und mit größeren Mengen an Cent-Münzen seinen Fahrschein zahlt, wie Riese betont.
Kleine Münzen fallen ins Gewicht
Die kleinen Münzen fallen dennoch im Wortsinn ins Gewicht. Kostet doch die Abgabe eines meist ein bis zwei Kilo schweren Safebags mit Münzen etwa bei der Sparkasse fünf Euro. Gebühren, die das Geldinstitut mit der Pflicht begründet, die Echtheit der Münzen zu überprüfen. „Die Abschaffung der kleinen Cent-Münzen würde für uns eine deutliche Verringerung des mit deren Ein- und Auszahlungen verbundenen Aufwands bedeuten“, argumentiert deshalb auch Sparkassen-Mitarbeiterin Anja Mehnert.
Doch eine mögliche Abschaffung von Cent-Münzen ist ein kontroverses Thema, fürchten nicht wenige einen solchen Schritt als Einstieg in den Ausstieg aus dem Bargeld insgesamt. Fleischer Otto Ehrhardt aus Weißenschirmbach, in dessen Branche krumme Beträge und damit auch Kupfergeld zum Alltag gehören, ist deshalb für die Kupfermünzen: „Wenn das Hartgeld, auch das ganz kleine, abgeschafft würde, wäre das nachteilig.“ Schließlich wäre man dann komplett von der Kartentechnik abhängig und die könne ja auch mal ausfallen. Ohnehin gäbe es in seinen Läden zwar Kartenzahlung, 90 Prozent der Künden würden allerdings bar zahlen.
Abschaffung muss mit einer Rundungspraxis einhergehen
Ohne Ein- und Zwei-Cent-Münzen ließen sich krumme Beträge schwer begleichen. Eine Abschaffung müsste daher mit einer Rundungspraxis einhergehen, zumindest bei Barzahlungen. Die Drogeriekette dm, die unter anderem in Günthersdorf eine Filiale betreibt, hat damit bereits seit längerem gute Erfahrungen gemacht. Produktpreise enden hier nicht auf 9, sondern auf 5 oder 0.
„Dies soll den Kunden und unseren Mitarbeiterinnen an der Kasse eine komfortablere Kleingeldhandhabung ermöglichen“, erklärt die dm-Gebietsverantwortliche Susann Heinicke. Ein- und Zwei-Cent-Münzen würden natürlich dennoch angenommen. Bei den Kunden komme das gut an: „Bislang haben wir keine negative Rückmeldung zu unseren Preisendungen erhalten.“ (mz)