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Prozess um totgeschütteltes Baby  Prozess um totgeschütteltes Baby : 33-Jähriger zu sechs Jahren Haft verurteilt

28.08.2014, 09:38
Der Angeklagte Nezir T. (re.) wartet im Landgericht in Erfurt mit seinem Verteidiger Stephan Rochlitz (li.) auf den Beginn der Verhandlung.
Der Angeklagte Nezir T. (re.) wartet im Landgericht in Erfurt mit seinem Verteidiger Stephan Rochlitz (li.) auf den Beginn der Verhandlung. dpa Lizenz

Erfurt - Für den Tod eines vier Monate alten Säuglings ist ein 33-Jähriger zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt worden. Nach Auffassung des Landgerichts Erfurt hat der Lebensgefährte der Mutter das Baby im September 2013 derart heftig geschüttelt, dass es zwei Tage später an Gehirnverletzungen starb. Die Richter sprachen ihn deshalb am Donnerstag der Körperverletzung mit Todesfolge schuldig. Beim Strafmaß blieben sie nur knapp unter der Forderung der Staatsanwaltschaft, die sechs Jahre und drei Monate verlangt hatte. Die Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert.

Gefasst und regungslos

Schluchzend hörte die Mutter des toten Edin zu, als Richter Markus von Hagen das Urteil verkündete. Einen gefassten und regungslosen Eindruck machte ihr Lebensgefährte. Er hatte den kleinen Jungen nach Überzeugung des Gerichts massiv und mehrfach geschüttelt, weil dieser schrie. Er war zu diesem Zeitpunkt mit dem Säugling allein in der Wohnung.

„Bis zu diesem Zeitpunkt und auch danach war er ein guter Vater, der nur wenige Minuten versagt hat“, sagte der Vorsitzende Richter von Hagen. Nach Auffassung des Gerichts hatte der Angeklagte den Säugling wie sein eigenes Kind angenommen. Als Vater eines bereits sechsjährigen Kindes sei ihm bekanntgewesen, wie man mit Kleinkindern umgehe. „Auch wenn man es ihm nicht zutraut und die Tat völlig untypisch für ihn ist, besteht kein Zweifel daran, dass er es gewesen ist“, sagte der Richter.

Todesursache Schütteltrauma

In der Urteilsbegründung stützte sich das Gericht auf medizinische Gutachten. Notarzt, Kinderarzt sowie eine Rechtsmedizinerin wurden vom Gericht angehört. Dabei habe sich eindeutig ergeben, dass die Verletzungen des kleinen Edin durch ein Schütteltrauma verursacht wurden, sagte von Hagen. Er verwies auf Blutungen in den Augen und im Gehirn des Babys. Weder der Drogenkonsum der Mutter noch die Einnahme eines Medikaments gegen Epilepsie während der Schwangerschaft seien die Ursache für den Tod.

In der Tatnacht habe der 33-Jährige die Wohnung mit der Mutter des Kindes verlassen. Sie gingen in eine Spielhalle. Um den kleinen Jungen in der Wohnung hören zu können, hatten sie ein Babyfon mit dem Handy der Mutter gekoppelt. Als der Angeklagte mit dem Rad in den frühen Morgenstunden nach Hause fuhr, um neues Spielgeld zu holen, weinte der Kleine, was auch die Mutter auf ihrem Handy hörte. Deshalb gab der 33-Jährige dem Jungen die Flasche und legte ihn auf das Sofa zurück.

Nachbarn wurden verständigt

Als er noch immer weinte, hat er ihn nach Auffassung des Gerichts in einer Kurzschlussreaktion am Bauch gepackt und mehrfach geschüttelt. Laut Gericht hat der Angeklagte danach sofort bei Nachbarn um Hilfe gebeten. Beim Eintreffen des Notarztes sei Edin jedoch bereits klinisch tot und auffallend kühl gewesen. Zwei Tage später starb er.

Zugunsten des Angeklagten ging das Gericht von einer spontanen Fehlhandlung aus. Zudem sei er nicht einschlägig vorbestraft und habe sich nach der Tat sofort um Hilfe bemüht. Der Angeklagte sei vom Tod des Kindes sehr betroffen und leide noch immer. Strafverschärfend wertete das Gericht, dass er sich durch wenige Minuten Geschrei zu dieser Tat hinreißen ließ.

Der Angeklagte und die Mutter von Edin verließen das Gericht gemeinsam. Bis zum Haftantritt bleibt der 33-Jährige auf freiem Fuß. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. (dpa)