Polizei Polizei: Debatte um Todesfälle nach Einsatz von Pfefferspray
LAUCHA/MZ/LÖ. - In seinem Elternhaus hatte er zuvor seinen Vater angegriffen, auf der Straße die Scheiben mehrerer Pkw zertrümmert und wahllos auf Passanten eingeschlagen, war dann in ein Haus eingedrungen und hatte dort eine 58-jährige Frau verletzt.
Polizisten setzten Pfefferspray ein, um ihn zu bändigen - kurz darauf fiel der Mann ins Koma und starb. Das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" listet den Fall des 27-Jährigen nun als einen von drei auf, bei denen im vergangenen halben Jahr nach dem Einsatz von Pfefferspray Menschen starben, die unter Drogen oder starken Beruhigungsmitteln standen. Womöglich gebe es eine gefährliche Wechselwirkung.
Zu diesem Schluss sei auch der Suchtmediziner John Mendelson vom California Pacific Medical Center in San Francisco nach Tierversuchen in einer neuen Studie gekommen. Mendelson habe einer Gruppe von Mäusen Kokain verabreicht, eine andere Gruppe bekam zusätzlich noch Capsaicin - den Wirkstoff des Pfeffersprays. Es seien wesentlich mehr jener Mäuse gestorben, die das Chili-Koks-Gemisch erhalten hatten. Zugleich zitiert das Blatt einen Rostocker Rechtsmediziner, bei der Obduktion der Leichen würde häufig nicht in Betracht gezogen, dass auch das Pfefferspray zum Tod beigetragen haben könnte.
Im Fall des 27-Jährigen aus Laucha hatte die Staatsanwaltschaft wenige Tage später erklärt, das Handeln der Polizisten habe nicht zum Tod geführt. Zwar seien Fälle aus den USA bekannt, in denen es nach der Anwendung von Pfefferspray im Zusammenhang mit bestimmten Drogen zum Tod kam. "In dieses Schema passt unser Fall aber nicht hinein", sagte gestern der Naumburger Staatsanwaltschaftssprecher Hans-Jürgen Neufang. Bei der Obduktion habe sich herausgestellt, dass der junge Mann eine Menge an Metamphetaminen im Blut hatte, die "auf jeden Fall innerhalb von Minuten zum Tod geführt hätte". Die Gewerkschaft der Polizei verteidigte Pfefferspray als "unverzichtbar". Angesichts einer sehr geringen Anzahl von Fällen, in denen eine unbeabsichtigte Wechselwirkung mit Drogen zumindest im Bereich des Möglichen liege, sei es noch immer das am besten geeignetste Einsatzmittel unterhalb von Schusswaffengebrauch, sagte Landesvorsitzender Uwe Petermann.