Parlament Parlament: Abgeordnete ausgespäht?

MAGDEBURG/MZ. - - Neue Spannungen zwischenSachsen-Anhalts Landtag und dem Landesrechnungshof:Landtagspräsident Detlef Gürth (CDU) hat Teileder Überprüfung von Abgeordneten durch denRechnungshof im vergangenen Jahr scharf kritisiert.Gürth wirft der Behörde indirekt vor, Praktikenan den Tag zu legen, die denen eines Geheimdienstesgleich kommen.
Recherche im Internet
In einem Schreiben Gürths an RechnungshofpräsidentRalf Seibicke, welches der MZ vorliegt, heißtes, "dass der Landesrechnungshof im Juni 2010und Oktober 2010 über Internetrecherchen versuchthat, das Verhalten von Abgeordneten auszuspähen".An einer späteren Stelle ist davon die Rede,Parlamentarier und deren Mitarbeiter seien"ausgeforscht" worden. Die Rechnungsprüferhatten im Mai vergangenen Jahres damit begonnen,punktuell den Umgang von Landtagsabgeordnetenmit ihrer Aufwandspauschale in ihren Wahlkreisbürossowie Verträge mit deren Mitarbeitern zu kontrollieren. Auslöser war die Doppeljob-Affäredes ehemaligen CDU-Abgeordneten Thomas Madlgewesen. Madl hatte eine Wahlkreismitarbeiterinin Vollzeit beschäftigt, obwohl diese bereitseinen 40-Wochenstunden-Job in einer Stadtverwaltunghatte. Zudem unterhielt Madl sein Wahlkreisbüroin seinem Wohnhaus - und kassierte dafür dieKostenpauschale von knapp 1000 Euro im Monat.
Seibicke hatte nach seiner Überprüfung weitere- allerdings deutlich weniger gravierende- Verstöße festgestellt und eine Konkretisierungder Regelungen im Abgeordnetengesetz gefordert.Bei der Überprüfung der Abgeordneten griffder Chef des Rechnungshofs jedoch nicht nurauf Unterlagen der Landtagsverwaltung undder Abgeordneten selber zurück. Sondern erverglich Angaben von Adressen, Telefon- undFaxnummern von Abgeordneten auch im Internetund soll zudem - so der Vorwurf von Gürth- auch Nachbarn befragt haben. "Der Landesrechnungshofhat damit eine Verhaltensweise an den Taggelegt, für die die Landtagsverwaltung selbstkeine Rechtsgrundlage hätte und diese auchnicht beim Rechnungshof erkennen kann", heißtes in Gürths Schreiben. Diesem Satz folgtunmittelbar der Hinweis auf die Beobachtungdes Bundestagsabgeordneten der Linken, BodoRamelow, die vom Bundesverwaltungsgerichtals unzulässig erklärt worden war. Seibickeweist den Vorwurf strikt zurück: "Das wirdfälschlicherweise in einem Atemzug genannt,wir haben laut Landeshaushaltsordnung dasRecht, Zeit und Art der Prüfung selbst zubestimmen." Dazu gehöre auch die Internetrecherche.Darüber hinaus, so Gürth, habe der Rechnungshofden Landesdatenschutzbeauftragten Harald vonBose nicht über die Art der Informationsbeschaffunginformiert, so dass dieser dazu auch nichtStellung nehmen konnte. In der Folge sei vonBose zu dem Schluss gekommen, dass an derÜberprüfung nichts auszusetzen sei. Seibickeräumt durchaus ein, von Bose nicht im laufendenVerfahren informiert zu haben, "aber das müssenwir auch nicht".
"Methode ist bedenklich"
Auf Nachfrage der MZ erklärte LandtagspräsidentGürth, er halte die Methode des Rechnungshofesfür "bedenklich": "Das ist nicht ganz ohne,denn es ist ein Unterschied, ob man eine öffentlicheVerwaltung prüft oder einem frei gewähltenAbgeordneten via Internet und Nachbarschaftsbefragunghinterher recherchiert." Seibicke hingegenkontert, dass die Kritik "immer nur der alteSchnee" sei, mit dem die Landtagsverwaltungvon sich ablenken wolle. "Ich glaube, dasMotiv liegt darin, dass die Landtagsverwaltungselbst nicht handeln will", sagt Seibickeund zielt damit auf die Konkretisierung desAbgeordnetengesetzes.