Orangerie am Park in Großjena Orangerie am Park in Großjena: Für Rad-Touristen und Wild-Genießer

Großjena - Nach diesem - nun, ja - durchwachsenen Sommer solch goldener Herbst! Keine Frage, dass es da in unserer Gegend eine der besten Ideen ist, in die Weinregion an Saale und Unstrut zu gehen, zu fahren oder zu radeln. Denn sie punktet mit ganz eigenem Reiz. Und mit sehr besonderen Weinen. Umso besser, wenn die edlen Tropfen kulinarisch eine adäquate Entsprechung finden.
Damit ist es bisher nicht allzu üppig bestellt. Gewiss: Man muss unterwegs nicht darben. So mancher Winzer hält Schmalzstullen, Brezeln oder andere Snacks für die Gäste bereit. Das reicht natürlich auch. Doch wenn man mitten beim Weinwandern oder –radeln auf eine Oase trifft, die zu den vinologischen auch noch kulinarische Entdeckungen bereithält, dann sollte man das doch einfach ausprobieren. Die Orangerie Großjena ist seit kurzer Zeit solch eine Adresse. Das passende Ambiente und Angebot zum Weinland bietet das etwas versteckt gelegene Lokal allemal. Nur wenige Kilometer jeweils entfernt von Naumburg und der Saale-Unstrut-Weinmetropole Freyburg ist gastliche Einkehr möglich.
Gemütlich unter alten Bäumen
Gelb-weiß leuchtet das nach langem Verfall so sorgfältig wie mühevoll von der heutigen Besitzerin Maria Dietel-Beissel restaurierte Anwesen unter alten Bäumen. Gleich nebenan befindet sich die Orangerie. Dunkles Holz, cremefarbene Polster, ebenso wie die zartmetallenen Beleuchtungsbälle eigens aus Frankreich herangeschaffte Terrakottafliesen prägen das Interieur. Die raumhohe Glaswand verbindet Drinnen und Draußen. Zur schönen Jahreszeit sitzt es sich im Freien auf historischen Vorbildern nachempfundenem Gestühl (kein Plastik, nirgends) besonders lauschig.
Suppe mit Würzgeheimnis
Und was bietet die Karte? Das Angebot ist übersichtlich. Die Weinkarte desgleichen. Auffällig allein die üppige Pizza-Auswahl auf einer eigenen Karte. Eine Offerte vor allem an eilige Radtouristen.
Wir wählen zum Auftakt die „Fruchtige Kürbis-Ingwersuppe“, die auf der jahreszeitlich aktuellen Extra-Karte angeboten wird. Safrangelb kommt sie mit pfiffiger Deko auf den Tisch. Schon beim ersten Löffel wird klar, dass der Koch sich zum zurückhaltend pfeffrigen Ingwer noch irgend etwas angenehm Säuerliches hat einfallen lassen für diese subtile Geschmacksexplosion. Bloß, was? Das ist einen Plausch mit dem Küchenchef wert. Kein Problem, weil der sich immer mal eine freundliche Nachfrage von Tisch zu Tisch nicht nehmen lässt. Ob es geschmeckt habe, genug war? Und was ist nun das Würzgeheimnis für diese samtige Kürbissuppe? Orangenpfeffer! Oha! Der soll, wie der Koch verrät, so manchem Gericht den ganz speziellen Kick geben.
Anschrift:
Dobichauer Straße 1
06618 Naumburg-Großjena
Kontakt:
Telefon: 03445 / 26 16 25
Öffnungszeiten:
Mo und Die nach Vereinbarung
Mi bis Fr ab 12 Uhr
Sa und So ab 11 Uhr
Angebote:
Hauptgerichte 9,90 bis 24,80 Euro, offene Weine ab 5,40 Euro
Zum Hauptgang wählen wir Wild und die vegetarische Alternative „Maultaschen gefüllt mit Kürbis und Frischkäse“ von der Saisonkarte. Doch, hmm - einfach nur „Wild“, wie es da steht? Das bedarf einer Erklärung. Freundlich werden wir aufgeklärt. Die Wildofferte wird aus aktuellen Gründen nicht spezifiziert. Denn geschmort, gebraten und serviert wird, was dem ortsansässigen Jäger „aus heimischen Wäldern“ vor die Flinte kommt. Frischer geht’s nicht.
Heute liegt deshalb Wildschwein auf dem Teller. Schön mager und in superzarten Tranchen. Was die beigegebenen Kräuterseitlinge allerdings nur sehr zurückhaltend begleiten. Die zierlichen und optisch nett im Ganzen belassenen Pilze erweisen sich eher als Dekoration, denn als eigenes Geschmackserlebnis. Die kräftige Sauce samt der in Butter zart angeschmurgelten Estragonkartöffelchen passen dagegen genau zur Abrundung.
Serviert werden diese Beilagen in Porzellanschüsselchen bzw. Hotelsilbersauciere. Das ergibt ein sonst nur in der gehobenen Gastronomie erlebbares Gefühl eines Mahles nach Gutsherrenart. Irgendwie familiär und heimelig. Die Portweinsauce erweist sich zudem als cremige Offenbarung, kräftig-sündig und genossen bis zum letzten Tropfen. Eine angenehme Aufmerksamkeit: Schüsselchen wie Sauciere sind extra angewärmt.
Die vegetarische Alternative der mit Kürbis und Frischkäse gefüllten Maultaschen erweist sich als eine so leichte wie leckere Angelegenheit. Eine fein abgeschmeckte Kräuterjoghurtsauce begleitet sie und gibt dem Gericht eine kräftig-würzige Untermalung. Dazu ein knackiger Mischsalat samt frischem Dressing - man könnte glatt zum Vegetarier werden.
Es muss nicht immer Roter sein
Die passenden Weine werden sachkundig von der aufmerksamen, aber nicht aufdringlichen Bedienung empfohlen. Die kleine Weinkarte beschränkt sich vorwiegend auf einheimische, bekannte Winzer wie Klaus Böhme und Stephan Herzer. Der 2013er Riesling vom Dornhofer Rappental und der etwas exzentrisch klingende trockene Rosé „Alles Rosa“ (beide vom Weingut Klaus Böhme) erweisen sich als gute, passende Wahl. Merke: Auch zum Wild muss es nicht nur immer der althergebrachte Rote sein.
Lust auf süßes Finale
Die Portionen auf den Orangerie-Tellern sind ebenfalls gutsherrlich bemessen. Was aber keineswegs zu üppig erscheint. Zumal auf Wunsch nach guter amerikanischer Sitte „Doggybags“ mit heim gegeben werden, falls man es wirklich nicht schafft. Doch eine Crème Brûlée etwa oder die Mousse au Chocolat mit frischen Beeren und Mangosauce gehen immer. Die Crème macht das Rennen zum Espresso, mit knuspriger Krokantkruste und sahniger Konsistenz. Noch ein Spaziergang würde vielleicht sogar Platz schaffen zum Kaffee mit einer der herrlich fluffigen Frucht-Sahne-Torten, für die die Orangerie inzwischen berühmt ist. Wir kommen wieder! (mz)
